Faymann lädt zu Spitzentreffen gegen Spekulation

Teilen

Die Debatte um riskante Veranlagungen von Staatsgeldern, wie sie ein Rechnungshofbericht bei der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) aufgedeckt hat, sorgt in der Regierungsspitze für Unstimmigkeiten. Nachdem Finanzminister Josef Pröll (V) die Einrichtung einer Expertengruppe angekündigt hat, lädt Bundeskanzler Werner Faymann (S) zu einem Spitzentreffen im Bundeskanzleramt, um über Methoden gegen Spekulation zu beraten.

Statt finden soll das Gespräch am Abend des 31. Juli. Eingeladen Rechnungshofpräsident Josef Moser, Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny, der Vorstand der Finanzmarktaufsicht, Helmut Ettl, Staatssekretär Josef Ostermayer (S) und Vizekanzler Pröll, wie am Mittwoch verlautete.

Pröll verteidigte im ORF-Mittagsjournal neuerlich die Veranlagungen der ÖBFA. Nicht die ÖVP, sondern der Rechnungshof habe festgestellt, dass die Geschäfte "trotz der drohenden Risikoverluste, -die nicht realisiert sind und auch wenn sie realisiert werden- , trotzdem in Summe einen Gewinn für den Steuerzahler gebracht haben".

Faymann wiederum sagte im ORF-Mittagsjournal, er fühle sich bei dieser Argumentation an jemanden erinnert, der zweimal im Casino gewinnt und dann sage, 'in Summe war das nicht so schlecht'. "Es ist nicht die Aufgabe, Risiken einzugehen", wiederholte der Kanzler. "Wenn mehr als 300 Mio. Euro Steuergeld in Gefahr sind, dann kann man nicht sagen, wird gehen zur Tagesordnung über. Das ist eine Beleidigung des Steuerzahlers." Daher habe er den Rechnungshofpräsidenten und den OeNB-Gouverneur zu sich gebeten, um mit ihnen zu beraten, "wie können wir der Bevölkerung sagen, dass wir in Zukunft die richtigen Schritte setzen, dass sich das nicht wiederholt". Die Frage sei, wie man gesetzliche Möglichkeiten nützen und kontrollierende Abläufe schaffen könne.

Zum Spitzentreffen beim Bundeskanzler meinte Finanzminister Pröll, nur mit "Philosophiererei" werde es nicht getan sein. Es gehe um "Knochenarbeit" und die sei im Finanzressort bereits aufgenommen worden. Hier sei er für jeden gemeinsamen Vorschlag und jedes gemeinsame Vorgehen dankbar.

Faymann wiederholte gleichzeitig seine Kritik am früheren Finanzminister Wilhelm Molterer (V): "Ich habe ja selbst erlebt, wie die ÖBB unter der blau-schwarzen Regierung Spekulationspapiere gekauft hat. Niemand weiß, wie viel die Papiere noch wert sind". Öffentliche Mittel seien nicht dazu da, sie in riskante Geschäfte einzusetzen. Dennoch sieht er Gemeinsamkeiten mit Koalitionspartner: Diese bestünden darin, "dass wir beide sagen, wir wollen lückenlose Aufklärung."

RH-Moser für "klare Limits"

"Klare Limits", das unbedingte Festhalten am Vier-Augen-Prinzip und eine Diversifizierung der Veranlagungen sind nach Ansicht von Rechnungshof-Präsident Josef Moser Lehren aus den Spekulationsgeschäften der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur - die der RH schon zu einem früheren Zeitpunkt empfohlen hatte. Der Anfang 2008 pensionierte Chef der ÖBFA, Helmut Eder, sprach indes in der "Zeit im Bild 2" von "Nestbeschmutzung": Die Agentur habe nicht gezockt, die Ratingagenturen dagegen hätten im Zuge der Finanzkrise "viel zu spät" reagiert.

"Wenn man jetzt von Zockern, von Casino spricht, muss man sehr starke Zurückhaltung ausüben, um nicht von Nestbeschmutzung zu reden oder daran zu denken", sagte Eder. Es habe sich nicht um "Hochrisikopapiere" gehandelt, die Papiere seien zum Zeitpunkt des Kaufs als "bestes Risiko" bewertet worden. Die Bewertungsagenturen indes seien "indirekt schuld" an der weiteren Entwicklung, so Eder: Das Risiko sei erst durch die Finanzkrise entstanden, die Agenturen hätten mit dem Downgrading "viel zu spät reagiert". Eder unterstrich weiter, dass "kein Minister Einfluss auf unsere Transaktionen und unsere Geschäftstätigkeit" habe. "Die Geschäftsabschlüsse liegen ausschließlich in Verantwortung der Geschäftsführung."

RH-Präsident Mosers Urteil lautet indes, die Finanzierungsagentur habe versucht, "über das Grundgeschäft hinaus" Erträge zu erwirtschaften, dies sei nicht ihre Aufgabe. Die genannten Geschäfte dürfe man jedenfalls nicht tätigen, wenn man nicht in der Lage sei, "eigene qualifizierte Risikotests" durchzuführen. Moser möchte die Debatte aber nicht allein auf die ÖBFA beschränken, klare Regeln müsse es ebenso für Länder und Kommunen geben. Was eine mögliche Limit-Höhe für den Bund betrifft, wollte er keine Summe nennen - dies sei "nicht die Aufgabe des Rechnungshofs.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.