Eine zentrale Ursache für die aktuelle Wirtschaftskrise - "die weitaus schärfste Rezession der Nachkriegszeit" - liegt darin, dass die Weltwirtschaft im Wirtschaftsboom hauptsächlich mit Fremdkapital finanziert wurde, sagte IHS-Chef Bernhard Felderer vor Journalisten. Einige Systemfehler in der internationalen Finanzwirtschaft hätten nicht nur in die Krise hineingeführt, sie verhinderten auch eine rasche Erholung.
Eigenkapital verliere in der Krise zwar seinen Wert, bleibe aber im Unternehmen und könne mit dem nächsten Aufschwung auch wieder an Wert gewinnen. Fremdkapital müsse hingegen zu einem Stichtag mit Zinsen zurückgezahlt werden. In den USA sei die Fremdfinanzierung der Wirtschaft zuletzt bei 360 Prozent des BIP gelegen, einem historischen Höchstwert (seit Beginn der Aufzeichnungen 1870). In ruhigeren Zeiten machte die Fremdfinanzierung weniger als 200 Prozent des BIP aus. Nun sei eine drastische Reduzierung des Fremdkapitalanteils in Gange. Unklar sei aber, wo die Wirtschaft in nächster Zeit das für ein Wachstum nötige Eigenkapital hernehmen soll.
Ein Teil des Eigenkapitals werde frei, wenn der Aufschwung kommt und die Bewertung der Unternehmen sich verbessert. Dafür sorgen die Bilanzierungsregeln. Es bleibe aber fraglich, ob die Unternehmen genug Eigenkapital aufbringen können. Daher werden wohl die Banken stärker als bisher als Vermittler von Eigenkapital auftreten und Sparer überzeugen müssen, dass sie ihr Geld als Kapital einbringen.
Harsche Kritik übt Felderer an den "Sondergesellschaften", die (SPV/Special Purpose Vehicles), in denen Banken praktisch ohne Eigenkapital, ohne Prüfung der Behörden und an der Bankbilanz vorbei Milliarden anlegen konnten. Deren rasche Verbreitung war "im Nachhinein besonders erstaunlich", stellte Felderer fest. Eine neue Europäische Finanzregulierung müsse diese künftig unterbinden. Jedes Risiko müsse künftig in den Bilanzen sichtbar sein.
Trotz Kritik an Basel II und an den Bilanzierungsregeln nach IFRS sieht Felderer dazu momentan keine Alternativen. Die "starke prozyklische Wirkung" von Basel II müsse "mehr Beachtung finden". Eine Rückkehr von IFRS zu den Bilanzierungsregeln nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) sei wohl "nicht die Lösung des Problems".