Im Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten werden die Bereiche Pharmaceuticals und Oncology zusammengeführ.
Der Schweizer Pharmariese Novartis stellt seine Hauptsparte künftig geografisch statt nach Therapiegebieten auf und richtet sie stärker auf den amerikanischen Markt aus. Im Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten - genannt Innovative Medicines - fällt die Unterscheidung in die Bereiche Pharmaceuticals und Oncology weg, wie der Arzneimittelhersteller aus Basel am Montag mitteilte.
Stattdessen gibt es künftig zwei eigenständige Vertriebsorganisationen: Eine für die USA und eine für den Rest der Welt. Die bisherige Pharmaceuticlas-Chefin Marie-France Tschudin übernimmt die Leitung des Bereichs Innovative Medicines International und wird zudem Chief Commercial Officer. Victor Bulto wird die Einheit Innovative Medicines US unterstellt.
Die beiden Einheiten werden Novartis zufolge über alle Therapiebereiche hinweg eigenverantwortlich für Erträge, Kundenbetreuung und Vertrieb operieren. Die eigene US-Geschäftseinheit solle dabei helfen, in den Vereinigten Staaten unter die fünf umsatzstärksten Pharmakonzerne vorzustoßen. Im weltgrößten Gesundheitsmarkt erzielte Innovative Medicines im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel seines Gesamtumsatzes von 42 Mrd. Dollar.
"Das vereinfachte Organisationsmodell (...) ist zentraler Bestandteil unserer Wachstumsstrategie", erklärte Konzernchef Vasant Narasimhan. "Es macht uns agiler und wettbewerbsfähiger." Er sieht Novartis mit dem derzeitigen Medikamentenportfolio und potenziell bis zu 20 neuen Arzneien bis zum Jahr 2026 gut aufgestellt. Die Prognose von durchschnittlich mindestens vier Prozent Umsatzwachstum bei Innovative Medicines im Zeitraum 2020 bis 2026 bekräftigte der Manager. Zu Rentabilität äußerte sich Narasimhan etwas optimistischer als zuletzt: Die bereinigte Betriebsgewinnmarge soll mittelfristig am obere Ende des in Aussicht gestellten hohen 30-Prozent-Bereichs liegen und längerfristig über 40 Prozent steigen. Vergangenes Jahr waren es 36,2 Prozent.
Durch die Neuordnung des dominierenden Pharmageschäfts und weitere Änderungen will Novartis die allgemeinen Vertriebskosten bis 2024 um mindestens eine Milliarden Dollar senken. Der Schweizer Konzern erzielte 2021 mehr als 80 Prozent des Umsatzes und mehr als 90 Prozent des operativen Gewinns im Geschäft mit patentgeschützten Arzneien. Das zweite Standbein Sandoz, das Geschäft mit Nachahmermedikamenten, hat der Konzern im vergangenen Jahr auf den Prüfstand gestellt.
Novartis schafft zudem eine neue Einheit namens Strategy & Growth. Diese solle sich um die Strategie des Unternehmens sowie die Ausrichtung von Forschung und Entwicklung kümmern. Ein Chef für diesen Bereich wird noch gesucht. Die bisherige Leiterin des Bereichs Oncology, Susanne Schaffert, wird Novartis verlassen. Ebenso werden John Tsai, Chef der Medikamentenentwicklung, und der Verantwortliche für den Bereich Customer & Technology Solutions, Robert Weltevreden, aus dem Unternehmen ausscheiden. Die Medikamentenentwicklung soll ab Mitte Mai Shreeram Aradhye verantworten.
An der Börse schlug die Neuigkeit keine großen Wellen. Mit einem Kursplus von 1,7 Prozent war Novartis im oberen Drittel der europäischen Gesundheitswerte zu finden. "Die heutigen Nachrichten bestätigen unsere Ansicht, dass vier Prozent Wachstum keine Selbstverständlichkeit sind", erklärte Vontobel-Analyst Stefan Schneider. "Es bleibt abzuwarten, ob die Veränderungen ausreichen werden, um die Ziele zu erreichen."