IWF befürchtet holprige Erholung

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Auf diesen Augenblick hat Olivier Blanchard eine ganze Weile warten müssen. Weltwirtschaftskrise, Finanzmisere - seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr musste der graugelockte Chefökonom des Internationalen Währungsfonds IWF immer wieder den Überbringer von Hiobsbotschaften geben. "Die Erholung hat begonnen", durfte der Franzose dann am Donnerstag in Istanbul verkünden.

Wirklich zufrieden wirkte er nicht, zu viele offene Fragen und ungelöste Probleme auf dem Weg aus der tiefen Rezession bereiten den IWF-Fachleuten schwer Kopfzerbrechen. Sicher scheint soweit nur eines: Einen Spaziergang können vor allem die reichen Länder auf dem eingeschlagenen Pfad der Konjunkturerholung kaum erwarten.

Denn die krisengeschüttelten Volkswirtschaften stecken derzeit noch im Stützkorsett milliardenschwerer Konjunkturprogramme, mit billigem Geld vollgepumpter Banken und radikal gestutzter Zinsen. Auf ewig, mahnte Blanchard, geht das so natürlich nicht weiter. Alle Blicke sind auf den Normalverbraucher gerichtet, vor allem in den USA, wo 70 Prozent der Wirtschaftsleistung von ihm abhängt, ob nach dem Schock der Misere seine Kauflaune wiederkehrt.

Die Wetten stehen schlecht: Noch immer knausern Banken mit Krediten, und gerade der US-Verbraucher - einst Zugpferd der Weltwirtschaft - dürfte in Zukunft stärker sein Sparschwein füttern.

Entsprechend sehen die Konjunkturprognosen etwa für die USA aus: Zwar erwartet die Investmentbank Goldman Sachs für die größte Volkswirtschaft der Welt in den beiden letzten Quartalen dieses Jahres je satte drei Prozent. In der ersten Hälfte 2010 - wenn der staatliche Konjunkturschub allmählich verebbt - sieht der Branchenprimus das Plus auf zwei Prozent schrumpfen und in der zweiten Jahreshälfte sogar auf 1,5 Prozent. Kein Wunder, dass Mohamed El-Erian, Chef der Allianz-Tochter Pimco, einer der weltweit größten Geldverwalter, die derzeitige Börsenrallye ein "Zucker-Hoch" nennt.

Während aufstrebende Wirtschaftsgiganten wie China oder Indien wieder mit satten Wachstumsraten davonpreschen, dürfen die alten Industriestaaten allenfalls mit einer trägen Erholung rechnen - die "für einige Zeit" laut IWF sogar zu schwächlich sein dürfte, einer besorgniserregend steigenden Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Knapp elf Prozent der Menschen ohne Job erwartet der Weltwährungsfonds im nächsten Jahr in Deutschland, fast zwölf Prozent in der Eurozone, katastrophale 20 Prozent in Spanien - kaum ideale Voraussetzungen, damit sich die Brieftaschen der Verbraucher wieder öffnen.

Kränkelt die Binnennachfrage, müssen Länder mehr Waren und Dienstleistungen ausführen, um die Lücke zu füllen. Bei Exportnationen wie Deutschland oder China lautet das Gebot der Stunde gerade umgekehrt, sollen gefährliche globale Ungleichgewichte abgebaut werden: Mehr Konsum im Inneren, weniger Sparen und weniger Exporte. Das voranzutreiben, schrieben sich die 20 mächtigsten Wirtschaftsmächte (G-20) auf Initiative von US-Präsident Barack Obama erst vorige Woche bei ihrem Gipfel in Pittsburgh ins Stammbuch.

Deutschland sei da schon auf gutem Wege, lobt der Weltwährungsfonds. Die Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur dürften dem deutschen Konsum gut auf die Sprünge helfen, befindet IWF-Ökonom Jörg Decressin. Der Leistungsbilanz-Überschuss sei auf dem Rückzug. "Deutschland trägt seinen Teil dazu bei, um die Weltwirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen".

Doch es bedarf noch einiger Mühen, die globale Unausgewogenheit, die die Krise erheblich mitverursachte, zu bändigen. Die Misere habe schon einiges erledigt, Amerika spare nun mehr. "Aber wir sind erst in der Mitte des Flusses", mahnt IWF-Chefökonom Olivier Blanchard. "Die andere Hälfte müssen wir auch queren."

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