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Lage bei Europas Milchbauern spitzt sich zu

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Die Lage bei den europäischen Milchbauern spitzt sich seit dem Agrarministerrat Anfang der Woche, bei dem EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel trotz eines massiven Milchpreisverfalls an einer weiteren Liberalisierung des Milchmarktes festhielt, deutlich zu. Bei einem Treffen des European Milk Board (EMB), einem Dachverband von rund 100.000 Milchbauern aus 14 europäischen Ländern, zu dem auch die österreichische IG Milch gehört, haben die französischen Milchbauern einen Lieferboykott bereits beschlossen.

Ein Streikbeschluss bei Österreichs Milchbauern wird am Samstag (12. September) bei einer Milchbauern-Versammlung auf der Rieder Messe erwartet. Aus Protest gegen das starke Absinken der Milchpreise haben sich auch die - neben Frankreich - anderen zwei großen Milch-Produktionsländer in der EU, Deutschland und Holland, mit dem Boykott der Franzosen solidarisch erklärt. Einen europaweiten Aufruf zu einem Streik gebe es aber nicht, betonte der deutsche Präsident des EMB, Romuald Schaber, nach der Abstimmung in Paris.

Schaber ist auch Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter. In Deutschland ist ein Aufruf zu flächendeckenden Lieferboykotten rechtlich nämlich nicht zulässig: Das deutsche Bundeskartellamt hat das nach dem Milchstreik in Deutschland im vergangenen Jahr untersagt. Jeder Milchbauer müsse darüber entscheiden, ob er bei einer solchen Aktion mitmache oder nicht, betonte ein Verbandssprecher. Viele Milchviehhalter hätten aber in den vergangenen Monaten signalisiert, dass sie mitmachten, wenn französische Milchbauern vorangingen.

"Affront gegen die Milchbauern"

Die Vorgehensweise der EU-Kommission sei "ein Affront gegen die Milchbauern", sagte IG Milch-Vizeobmann und EMB-Vorstand Ernst Halbmayr im Gespräch mit der APA. Die Kommission hat Forderungen nach zusätzlichen Subventionen für Bauern ebenso abgelehnt wie ein Einfrieren der Milchquote. Ansprechpartner für weitere Maßnahmen sei für ihn jedenfalls die Politik - und nicht die Molkereien oder der Handel, betonte der IG Milch-Sprecher.

Bisher seien aber alle Gespräche gescheitert. Bei einem großen Milchbauerntag im Rahmen der Rieder Messe am Samstag, bei dem 800 heimische Milchbauern erwartet werden, soll beschlossen werden, wie sich Österreich weiter verhält. Halbmayr geht von einem Streikbeschluss aus.

"Frankreich ist die Geduld schon gerissen", sagte er. Und nun bitten die Franzosen um eine EU-Solidaraktion, zumal der Milchmarkt europäisch sei. "Mit den Beschlüssen der EU-Kommission gibt es für uns keine Perspektive mehr", betonte der Milchbauer, schränkte aber ein: "Aber jeder verfügt selbst über sein Milch" und könne selbst entscheiden, ob er an einem Lieferboykott mitmache oder nicht. Die Situation sei jedenfalls "völlig anders als vor einem Jahr", so Halbmayr in Anspielung auf den Milchlieferboykott Anfang Juni 2008, der in Österreich keine große Wirkung zeigte.

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