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EZB erhöht die Zinsen im Juli

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Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert auf die Rekord-Inflation und leitet die Zinswende ein. Im Juli soll die erste Zinserhöhung für den Euroraum seit elf Jahren kommen: um 0,25 Prozentpunkte.

Die Europäische Zentralbank (EZB) beendet ihre milliardenschweren Netto-Anleihenkäufe mit 1. Juli und macht damit den Weg frei für die erste Zinserhöhung im Euroraum seit elf Jahren. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag bei seiner auswärtigen Sitzung in Amsterdam, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.

Dies gilt als Vorstufe einer Zinserhöhung, die dann im Juli folgen soll.

EZB erhöht die Zinsen im Juli
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Stichtag 21. Juli

Der Leitzins liegt derzeit bei 0,0 Prozent, der Einlagezins für Banken bei minus 0,5 Prozent (=Negativzins). Das bleibt auch zunächst so. Bei der EZB-Ratssitzung am 21. Juli soll eine Anhebung um 0,25 Prozentpunkte erfolgen. Das wird voraussichtlich den Anfang einer Serie von Zinsschritten nach oben markieren.

Weitere Zinserhöhung im September

 "Der EZB-Rat geht davon aus, dass er die EZB-Leitzinsen im September erneut anheben wird", teilte die Notenbank nach der auswärtigen Sitzung des Gremiums am Donnerstag in Amsterdam mit. Dann sei auch "ein größerer Zinsschritt" möglich, sollten die mittelfristigen Inflationsaussichten unverändert bleiben oder sich verschlechtern, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde erläuterte.

Schon vor der Sitzung am Donnerstag hatte es Forderungen nach einer Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte gegeben - und das möglichst sogar schon im Juni. "Die EZB kündigt zwar eine erste Leitzinserhöhung im Juli und das Ende der Negativzinsen im September an. Dieser Zeitplan ist allerdings immer noch zu zögerlich", kritisierte unter anderen der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Christian Ossig. "Das fundamental geänderte Preisumfeld rechtfertigt einen negativen Leitzins bis in den Herbst hinein nicht mehr."

Rekord-Inflation von 8,1 Prozent

In den vergangenen Wochen hatte der Druck auf Europas Währungshüter zugenommen, mit Zinsanhebungen die rekordhohe Teuerung einzudämmen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Mai 2022 um 8,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonates, in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland sprang die jährliche Inflationsrate im Mai mit 7,9 Prozent auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. In Österreich liegt die Teuerungsrate bei 8 % - so hoch wie zuletzt Mitte der 70er Jahre.

Die EZB hatte die Inflation lange klein geredet und als bald vorübergehend gesehen. Inzwischen ist klar, dass die Realität eine ganz andere ist.

Mittlerweile rechnet die EZB für das laufende Jahr mit 6,8 Prozent Inflation im Euroraum. Im März war die Notenbank noch davon ausgegangen, dass die Verbraucherpreise im Schnitt um 5,1 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen würden.

Teuerung von zwei Prozent angestrebt

Die EZB strebt für den Währungsraum der 19 Länder mittelfristig stabile Preise bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an - davon sind wir um Lichtjahre entfernt.

Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, das heißt sie können sich für einen Euro weniger leisten. Getrieben wird die Inflation seit Monaten vor allem von steigenden Energiepreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nochmals kräftig anzogen. Auch Probleme in den Lieferketten sorgen für steigende Preise. Diese Preistreiber liegen freilich außerhalb des Einflussbereiches der EZB und sind mit Zinserhöhungen kaum zu beeinflussen. 

Kritik: EZB handelt zu spät

Die Inflation wird keinesfalls plötzlich verschwinden, ist mit den Maßnahmen der EZB allenfalls zu bremsen. Ifo-Präsident Clemens Fuest bewertete die EZB-Entscheidungen als "einen richtigen Schritt, der aber zu spät kommt". Während andere Notenbanken wie die Federal Reserve in den USA oder die Bank of England wegen steigender Inflationsraten ihre Leitzinsen bereits mehrmals erhöhten, warteten Europas Währungshüter lange zu. Und versuchen nun eine Gratwanderung zwischen hoher Inflation und gestiegenen Risiken für die konjunkturelle Erholung aus dem Coronatief wegen des Ukraine-Krieges.

Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage heuer um 2,8 Prozent zulegen. Im März war die EZB noch von 3,7 Prozent Plus ausgegangen.
 

 
 
 


 
  

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