Produktion nimmt ab

Industrie steckt weiter tief in der Rezession

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Rückgang bei Produktion und Arbeitsplätzen. Neuer "Belastungsbarometer" im Kampf gegen den "Bürokratie-Tsunami" geplant.

Die heimische Industrie ist weiter in einer Rezession, schrumpft also. "Sehr langsam und vorsichtig erkennen wir zarte Silberstreifen am Horizont" - das bedeute aber nur, "womöglich wird es uns gelingen, in den kommenden Monaten in eine Stagnationsphase zu kommen", sagte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), am Montag vor Journalisten. Von Wachstum der Industrieproduktion sei derzeit keine Rede.

"Viele Schatten"

Der Ausblick sei "weit überwiegend von Schatten geprägt", so IV-Chefökonom Christian Helmenstein bei der Präsentation des Konjunkturbarometers für das erste Quartal 2024.

Industrieproduktion schrumpft um 1,5 Prozent 

Aber immerhin sehe er das vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) prognostizierte Schrumpfen der realen Industrieproduktion um 1,5 Prozent als "unteren Rand" - über den Sommer sollte eine Stagnation an die Stelle der Rezession treten.

Inländische Konjunktur noch "extrem schwach" 

Auslöser für die verbesserten Aussichten sei ein Anstieg bei den Auslandsaufträgen - seit den 1950er-Jahren habe es keinen Aufschwung gegeben, der nicht durch einen Anstoß von außen ausgelöst worden sei. Auch die leichte Abwertung des Euro - um drei Prozent in einem Jahr - habe "angesichts des extremen Kostendrucks" wenigstens keine zusätzliche Belastung gebracht. Die inländische Konjunktur sei aber noch "extrem schwach" beim Auftragseingang.

Gefahr: Qualifizierte Beschäftigte wandern ab

Auch die Beschäftigung in der Industrie werde in den nächsten drei Monaten noch stark zurückgehen, es drohe die Gefahr, dass qualifizierte Beschäftigte abwandern - ins Ausland oder in andere Branchen - und damit der heimischen Industrie verlorengehen. Die Industrie werde zwar weiter zu stabilen Preisen beitragen, könne aber nicht mehr Inflationssenkend wirken, sagte Helmenstein.

Klage über "Bürokratie-Tsunami" 

Ein besonderer Kostentreiber ist aus Sicht der IV der "Bürokratie-Tsunami", wie es Neumayer nannte, der über die Unternehmen schwappe. Er habe teils in EU-Regelungen wie dem Lieferkettengesetz, dem Green Deal oder Umweltregeln (ESG) seinen Ursprung, teils werde er von österreichischen Vorgaben befeuert. Um zu erheben, wie sich die Bürokratiekosten entwickeln, plane die IV einen neuen "Belastungsbarometer", der im Laufe des Jahres konkrete Kosten der Bürokratie benennen soll.

Derzeit müsse man sich bei den Bürokratiekosten eher auf "anekdotische Evidenz" verlassen, so Helmenstein. In den vergangenen fünf Jahren seien 850 neue Vorschriften und Auflagen auf 5.000 Seiten Papier für die Industrie dazugekommen. Da sei es "kein Wunder, dass das Management in mittelständischen Unternehmen kaum mehr Zeit hat, sich um seine Kernaufgaben zu kümmern".

Hoffnung macht der Industrie, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyern angekündigt hat, die Berichtspflichten der europäischen Industrie um 25 Prozent zu senken. Die IV werde in Kürze einen Katalog vorstellen, um beispielhaft zu zeigen, wie so etwas gelingen könnte, kündigte Neumayer an. "Grundsätzlich sind wir positiver gestimmt, weil die EU-Kommission das Thema adressiert hat." Problematisch sei allerdings, dass die bürokratischen Anforderungen "unabgestimmt in einem Wust, in Wellen über die Unternehmen kommen".

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