Knill schlägt Alarm

"Handfeste Rezession" – IV-Präsident sieht Wirtschaftsstandort gefährdet

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Der Wirtschaftsstandort Österreich befinde sich am Wendepunkt. Es bedürfe dringend Maßnahmen, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken, erklärte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

"Wir stecken in einer handfesten Rezession", sagte Knill. Es sei keine "milde Rezession", sondern der stärkste realwirtschaftliche Rückgang seit 1951, sehe man von der Finanz- und der Coronakrise ab.

Österreich sei mit 60 Prozent Export ein Exportland, das sich mit Indien, China und anderen Staaten messen müsse. Durch die jüngsten Kollektivvertragsabschlüsse, aber auch durch hohe Energiekosten und bürokratische Hürden verliere Österreich als Industriestandort an Attraktivität, so Knill. Im Ranking der Schweizer Wirtschaftshochschule IMD sei Österreich zuletzt auf den 24. Platz unter 54 Länder zurückgefallen. Dabei sei Österreich früher bereits an 11. Stelle gelegen, erklärte der IV-Präsident.

Unternehmen drohen Verluste

Vor allem die produzierende Industrie leide unter der aktuellen Situation: Österreichs Wirtschaft verzeichne heuer einen Rückgang um 0,8 Prozent, die produzierende Industrie - für ein Viertel der Beschäftigung und der Wertschöpfung verantwortlich - weise für heuer einen Rückgang um 3 Prozent aus. Für 2024 sei mit einer Stagnation zu rechnen. Die jüngsten Lohnabschlüsse würden die Stückkosten heuer um 11,5 Prozent und 2024 um 7,9 Prozent verteuern. Diese Steigerungen würden nächstes Jahr dazu führen, dass eine Vielzahl von Unternehmen Verluste schreiben werden, sagte Knill. Die Verlagerung der heimischen Industrie ins Ausland geschehe bereits und sei "Symptom einer schleichenden Entwicklung auf nationaler wie europäischer Ebene über Jahre hinweg".

Das fordert Knill von der Politik

Der IV-Präsident schlug in der Pressestunde eine Reihe von Maßnahmen vor, um den Wirtschaftsstandort wieder attraktiver zu gestalten: Dazu zähle etwa die Senkung der Steuern- und Abgabenquote, die Senkung der Lohnnebenkosten, das Aussetzen der CO2-Steuer sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. "Wenn wir dekarbonisieren wollen, brauchen wir Strom und Wasserstoff-Leitungen. Aber die Politik ist nicht bereit, diese Verfahren in einem beschleunigten Verfahren zu bewilligen", sagte Knill, "die Politik gibt Ziele vor, die Industrie will sie umsetzen, aber die Politik setzt nicht die erforderlichen Schritte".

Hinzu komme eine gezielte Fachkräftestrategie, die Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland anspreche, aber auch durch Leistungsanreize Arbeitskräfte-Potenziale im Inland hebe. Wobei die Rot-Weiß-Rot-Karte hier durchaus positiv zu bewerten sei.

Aber auch auf EU-Ebene müsse sich etwas ändern: Innerhalb von fünf Jahren gab es seitens der EU mehr als 800 Gesetze, Richtlinien und Vorschriften mit insgesamt 5.000 Seiten Bürokratie, kritisierte der IV-Präsident.

In Hinblick auf die 2024 anstehende Nationalratswahl verwies Knill auf Gespräche, die regelmäßig mit allen im Parlament vertretenen Parteien geführt würden. Aber: "Wir kennen von keiner Partei das Wirtschaftsstandortprogramm. Wir kennen gewisse Aussagen".

SPÖ-Forderungen: "Tue mir schwer"

Mit Aussagen der sozialdemokratischen Partei wie 32 Stunden-Woche, keine Matura mehr, "am besten gleich in die Pension überspringen - das sind Lebensmodelle, mit denen tue ich mir schwer", ergänzte der IV-Präsident. Alleine die Aussagen des SPÖ-Bundesvorsitzenden Andreas Babler hinsichtlich der Einführung neuer Steuern - speziell Vermögens- und Erbschaftssteuern - hätte dazu geführt, dass viele Unternehmen und Private Kapital aus Österreich Kapital abgezogen haben, verwies er auf Gespräche mit Beratern und Banken.

"Das ist ein sensibles Thema. Dass man hier undurchdacht mit neuen Steuervorschlägen ins Rennen geht, ist Standort schädlich", merkte Knill an.

Dass die FPÖ keine neuen Steuern und Belastungen wolle, sei positiv. Allerdings seien die Positionierung etwa gegenüber der EU und den Russland-Sanktionen durchaus Themen, die Sorgen bereiten.

Lob für Mercosur-Abkommen

Österreich als Exportland brauche durchaus Handelsabkommen, begrüßte Knill das geplante Mercosur-Abkommen mit südamerikanischen Staaten. Österreich habe 42 Abkommen mit 78 Staaten. Und er verwies auf die Skepsis vor Abschluss des Handelsabkommens mit Kanada vor fünf Jahren. "Haben wir seither schlechte Lebensmittel aus Kanada bekommen?", so Knill. Dafür habe der bilaterale Handel um 70 Prozent zugenommen.

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