Die beiden teilstaatlichen Stromversorger Verbund und EVN haben binnen eines Tages 5,4 Milliarden Euro an Marktwert verloren. Grund waren Äußerungen von Bundeskanzler Nehammer, darüber nachzudenken, deren Gewinne abzuschöpfen.
Am Donnerstag war der Aktienkurs des Verbund um 13 Prozent heruntergekracht, bei der EVN belief sich das Minus auf über sieben Prozent.
Gaspreis bestimmt Strompreis
Hintergrund ist die aktuelle Diskussion über die starken Strompreis-Erhöhungen. Nehammer hatte geäußert, dass die Regierung darüber nachdenke, wie Gewinne von Firmen mit Staatsbeteiligung, die überproportional von der Krise profitieren, gesetzlich abgeschöpft werden können. Als Beispiel nannte er hohe Gewinne bei der Stromproduktion aus Wasserkraft, wo aber nun die hohen Gaspreise der Maßstab für den Strompreis sind.
Zu 80 % in öffentlichem Eigentum
Verbund und EVN stehen zu etwa 80 Prozent in öffentlichem Eigentum. Die Nehammer-Aussagen schickten die Aktienkurse der beiden Energiekonzerne an der Wiener Börse auf steile Talfahrt. Der Wert der von der öffentlichen Hand gehaltene Anteile (die also letztlich den Österreicherinnen und Österreichern gehören) reduzierte sich beim Verbund um 4,1 Mrd. Euro und bei der EVN um 260 Mio. Euro.
Florian Beckermann, Vorstand des Interessenverbands für Anleger (IVA), sagte, die Aussage sei "Gift" für den Kapitalmarkt gewesen, weil sie Vertrauen zerstört habe. Es baue niemand ein Windrad, wenn er sich nicht darauf verlassen könne, die Gewinne behalten zu dürfen. Zudem erinnerte Becker, dass bei Verbund und EVN die öffentliche Hand 80 Prozent halte und daher ohnehin 80 Prozent der Gewinne abschöpfen könne.
Martin Jaksch-Fliegenschnee von der IG Windkraft sieht die Energiewende durch allfällige staatliche Gewinnabschöpfungen bei Unternehmen gefährdet. Wenn rückwirkend in den Markt eingegriffen werde, verschlechtere das die Rahmenbedingungen für die Energiewende. Gebe es keine Investitionssicherheit mehr, würde sich das negativ auf die Finanzierung von Windparks auswirken.
Rechtlich schwierig
Die Professorin und Vorständin des Instituts für Finanzrecht an der Universität Wien, Sabine Kirchmayr-Schliesselberger, bezweifelt, dass eine Gewinnabschöpfung rechtlich hält – sofern sie nur teilstaatliche Unternehmen betrifft: „Wenn man nur die teilstaatlichen Energieversorger erfassen würde, dann würde das natürlich eine Ungleichbehandlung bedeuten." Eine allgemeine Sondersteuer hingegen wäre zulässig, meinte sie im Standard.
Freude über Nehammers Überlegungen herrschte bei der Arbeiterkammer. Tirols Kammer-Präsident Erwin Zangerl sieht sich in seinen Forderungen bestätigt und spricht von sinnloser Abzocke: "Solange sich der Strompreis an der teuersten Form Strom zu gewinnen orientiert, nämlich an der Stromgewinnung aus Gas, solange läuft in diesem Land grundsätzlich etwas schief", so Zangerl.
Die Aktien von Verbund und EVN legten am Freitag an der Wiener Börse zunächst wieder leicht zu, gingen dann aber mit kleinen Verlusten aus dem Handel.