Rot-Schwarzer Disput im ORF: Bei der Wahl des neuen Vorsitzenden des ORF-Publikumsrat war am Dienstag von großkoalitionärer Eintracht nichts zu spüren. Sowohl beim Vorsitz als auch bei dessen Stellvertretung kam es zu einer Kampfabstimmung zwischen den Kandidaten der SPÖ und der ÖVP.
Kraft der roten Mehrheit im Hörer- und Sehergremium des ORF machte der Arbeiterkämmerer Hans Preinfalk mit 22 von 36 Stimmen das Rennen und löste damit den bisherigen Vorsitzenden und VP-nahen Kandidaten Georg Weißmann ab, der elf Stimmen erhielt. Vom FPÖ-Freundeskreis war der evangelische Kirchenvertreter Roland Siegriest aufgestellt worden, der als Außenseiter drei Stimmen erhielt.
Auch bei der Wahl zum des Vizevorsitzenden hatte es im Vorfeld keine Einigung zwischen den beiden Freundeskreisen von SPÖ und ÖVP gegeben. Als stellvertretende Vorsitzende wurde Ilse Brandner-Radinger von den Sozialdemokraten ins Rennen geschickt, der ÖVP-nahe Freundeskreis stellte Weißmann als Gegenkandidaten auf. Brandner-Radinger erhielt schließlich 23 Stimmen, Weißmann zwölf, dazu kam ein ungültiges Votum.
Wie sehr um die Personalentscheidungen im Publikumsrat gefeilscht wurde, zeigte sich bereits zu Beginn. Die konstituierende Sitzung des Gremiums begann um eine knappe halbe Stunde verspätet, weil es zwischen den Fraktionen keine Einigung auf Kompromisskandidaten gegeben hatte. Die Folge waren Kampfabstimmungen.
SPÖ setzte Wünsche für Stiftungsrat durch
Das demonstrative rot-schwarze Tauziehen um Personalia ist im ORF-Publikumsrat am Dienstag mit der Entsendung der sechs Stiftungsräte aus dem Kreis der Hörer- und Sehervertretung fortgesetzt worden. Auch in dieser Frage kam es zu einer Kampfabstimmung zwischen einer von der SPÖ und einer von der ÖVP vorgelegten Liste, und auch hier setzte sich der sozialdemokratische Freundeskreis mit 22 zu zwölf Stimmen durch.
Damit wandern der SPÖ-Kandidat Siegfried Meryn sowie die auf dem ÖVP-Ticket in den Publikumsrat gewählten Gerhard Tötschinger und Bernadette Tischler in den ORF-Stiftungsrat. Dazu kommen der unabhängige Kirchenvertreter Franz Küberl, aus dem Bereich der Hochschulen die SP-nahe Beate Wimmer-Puchinger und für die Kunst Josef Kirchberger, der ebenfalls als SP-nah gilt.
Offenbar hatte es personell zahlreiche Reibungspunkte zwischen SPÖ und ÖVP gegeben, die auch im Vorfeld nicht ausgeräumt werden konnten. "Es ist heute besonders mühsam", ließ sich von langjährigen Gremienvertretern unisono vernehmen. Zugeständnisse von beiden Seiten seien - jeweils vom politischen Gegenüber - nicht angenommen worden, weshalb in wesentlichen Punkten betont auf Konfrontation gegangen wurde und Gegenkandidaten nominiert wurden, beteuerten Vertreter beider Seiten.
Für Verärgerung bei der ÖVP sorgte dem Vernehmen die Frage des Vorsitzes im Qualitätssicherungsausschuss des Publikumsrats, der künftig als Schnittstelle zur neuen Medienbehörde eine gewichtigere Rolle spielen soll. Der VP-Freundeskreis hätte gerne die Leitung dieses Unterausschusses übernommen, was von der SPÖ aber offenbar abgelehnt worden war.
Kurioses Detail am Rande: Der vom ÖVP-Freundeskreis als Stiftungsrat nominierte Salzburger Kommunikationswissenschafter Roman Hummel war offenbar von seiner Nennung überrascht und lehnte aus Gründen der Geschlechtergleichstellung ab. Stattdessen möge man doch seine gleich qualifizierte Kollegin Beate Wimmer-Puchinger wählen, bat er.