Das politische Tauziehen um den ORF und seine Geschäftsführung, das neue ORF-Gesetz und die EU-Prüfung des Senders waren nur einige der Themen, die die Medienbranche heuer bewegt haben. Ein Aufreger war der angekündigte Wechsel von Dominic Heinzl, dem Inbegriff der Society-Berichterstattung, von ATV zum ORF, und für Interesse fernab der breiten Bevölkerung sorgte der Start des neuen Privatkanals "Servus TV", dem jüngsten Medienbaby von Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz.
Sah es zu Jahresbeginn noch so aus, als würden Generaldirektor Alexander
Wrabetz und sein Team politischen Machtinteressen zum Opfer fallen, konnten
sie ihre Stellung im Laufe der Monate nicht nur mangels
Personalalternativen, sondern auch dank eines gravierenden Struktur- und
Sparkonzepts behaupten.
Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll hatte
noch zu Jahresbeginn laut und deutlich die Ablöse der Geschäftsführung
gefordert, auch Kanzler Faymann ließ offen, "ob die handelnden
Personen die richtigen sind". Die Suche nach Alternativen - hier
kursierten Namen von TV-Chefredakteur Karl Amon bis zum Chefredakteur des
Landesstudio NÖ, Richard Grasl, - blieb aber erfolglos.
Breite Kritik wegen politischer Einmischung
Umso größer war der Aufschrei angesichts der offenen Einmischung der Politik beim öffentlich-rechtlichen Sender. Journalisten und die Plattform SOS-ORF wehrten sich gegen "politisches Stalking", und mit "Rettet den ORF!" erschien eine neue Plattform auf der Bildfläche, um unter der Federführung des ehemaligen ORF-Generalintendanten Gerd Bacher für die Unabhängigkeit des ORF zu kämpfen.
Derart in den öffentlichen Fokus geraten, bekam Wrabetz wieder Oberwasser,
als Anfang April der ORF-Stiftungsrat in einer gemeinsamen Resolution über
alle Parteigrenzen hinweg die Einleitung "sofortiger
Einsparungsmaßnahmen mit dem Ziel eines bereits 2010 ausgeglichenen
Konzern-EGTs" forderte.
Mit der Resolution im Rücken konnte sich
Wrabetz im Oktober mit dem Zentralbetriebsrat auf ein Sparpaket einigen, das
unter anderem eine Nulllohnrunde für 2010 sowie Einschnitte bei bestehenden
Alt-Verträgen vorsieht und dem ORF Einsparungen von 22 Mio. Euro bringen
soll. Weiters sollen bis 2011 laut Plan 440 Mitarbeiter den Sender
verlassen.
Gebührenrefundierung gegen Personalrochade
Ebenfalls im Oktober beendete die EU-Kommission ihr ORF-Beihilfeverfahren:
Österreich verpflichtete sich zu einer ORF-Gesetzesänderung, im Gegenzug
akzeptierte die Kommission die Finanzierungsregelung des Senders.
Kritiker
bemängelten, dass damit sowohl Programmangebot als auch Werberegelungen im
Grunde unangetastet blieben. Kurz nach der Einigung auf EU-Ebene konnten
sich auch die Regierungsparteien zu einem gemeinsamen ORF-Gesetz
durchringen, das allerdings ebenfalls nur geringe Änderungen vorsieht.
Wesentliche Neuerung: Der ORF erhält in den nächsten 4 Jahren von der
Regierung 160 Mio. Euro, die ihm durch die Gebührenbefreiung sozial
Schwacher entgehen, und muss im Gegenzug öffentlich-rechtliche Kernaufgaben
fortführen bzw. ausbauen.
Kolportiert wird, dass die ÖVP die Gebührenrefundierung an einen
Personalwechsel in der Kaufmännischen Direktion geknüpft hat - dort räumte
jedenfalls Sissy Mayerhoffer unmittelbar nach Bekanntwerden der Einigung
ihren Platz. Nachfolger wurde im Dezember Richard Grasl.
Nicht zustande gekommen ist die von der Großen Koalition zum Amtsantritt angedachte Reform der ORF-Gremien. Selbst die umstrittene Faxwahl der ORF-Publikumsräte bleibt erhalten. Nebeneffekt: Die SPÖ könnte sich 2010 sowohl im Publikums- als auch im Stiftungsrat die absolute Mehrheit holen und so den nächsten ORF-Generaldirektor im Alleingang bestellen.
Prenner in der Enterprise
Ein schwarzes Jahr war 2009 für den ORF in Sachen Werbeeinnahmen. Laut Focus-Medienforschung lagen die Bruttoeinbußen beim öffentlich-rechtlichen Sender bei über 10 %, während die Privatsender ein leichtes Bruttowachstum verbuchen konnten. Der ORF trennte sich im November denn auch vom Chef der Vermarktungstochter Enterprise, Walter Zinggl, und griff nach Bewährtem: Im Dezember wurde der Ex-Mediaprintmanager und langjährige ORF-Werbechef Franz Prenner zum Geschäftsführer der Enterprise bestellt.
Für Aufsehen sorgte der Wechsel von ATV-Quotenzugpferd Dominic Heinzl zum ORF. Ab Jänner soll der Society-Schreck siebenmal pro Woche Österreichs Prominenz ausrichten und den ORF 1-Vorabend quotenmäßig auf Vordermann bringen. Apropos Quoten - die gingen beim ORF 2009 einmal mehr nach unten: Bis einschließlich November kamen die ORF-Sender in den Kabel- und Satellitenhaushalten auf 36,9 % Marktanteil bei den Zusehern ab 12 Jahren - ein Minus von 2,4 Prozentpunkten.
Die heimischen Privatsender konnten dagegen zulegen: ATV kletterte von 2,6 auf 3,1 % und hatte mit "Bauer sucht Frau" einen wahren Quotenrenner im Programm. Puls 4 traf mit der ersten Ausgabe von "Austria's next Topmodel" den Geschmack der Zuseherinnen und steigerte sich von 0,8 auf 1,6 %. Zugewinne gab es auch für die deutschen Privatsender mit Ausnahme von Sat.1 und ProSieben.
Engpässe bei Austria 9
Trotz geringer Quotenzuwächse von 0,3 auf 0,6 % befand sich Austria 9 heuer im finanziellen Engpass und machte sich auf die Suche nach neuen Investoren. Nachdem Hauptgesellschafter Hubert Burda Media, der mehr als 87 % am Sender hält, kein weiteres Geld mehr in das österreichische Projekt investieren wollte, übernahmen Geschäftsführer Conrad Heberling und sein Schwager Josef Andorfer den Sender im Dezember selbst.
Anfang Oktober startete - quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne jegliches Vorabmarketing - Dietrich Mateschitz' neuer Privatsender Servus TV. Der Salzburger Sender, der österreichweit vor allem über DVB-T und Digitalen Satellit empfangbar ist, holte sich eine Reihe namhafter Medienleute an Bord. Zuletzt wechselte Puls 4-Geschäftsführer Martin Blank zu Servus TV. Trotz der aufwendig und professionell gestalteten Sendungen kann der Kanal noch kaum Zuseher verzeichnen - ein Manko dürfte sein, dass der Red-Bull-Sender nicht im analogen Kabel vertreten ist.
Printbranche stöhnt unter Werbekrise
Vor und wieder zurück hieß es 2009 bei Styria und Moser Holding mit deren Doch-Nicht-Fusion sowie bei WAZ und "Krone", bei deren Beteiligungsverhältnissen schließlich doch alles beim Alten blieb. Sämtliche Printprodukte stöhnten unter den Folgen der Finanzkrise, die beinahe allen Titeln drastische Werbeeinbußen bescherten und sie zu Sparmaßnahmen zwangen. Frischen Wind gab es vor diesem Hintergrund für die Verhandlungen zwischen Verlegern und Journalistengewerkschaft über einen neuen Medien-KV.
Für große Aufmerksamkeit sorgte die Ankündigung der Styria, ihre Regionalmedien mit der Tiroler Moser Holding fusionieren zu wollen. Durch dieses Joint Venture wäre Österreichs mit Abstand größter Medienverlag entstanden. Im Dezember ließen die Familie Moser den Deal unerwartet und ohne Angabe konkreter Gründe platzen. Keine Auswirkung soll das Scheitern der Fusion auf die seit April bestehende Kooperation zwischen den Verlagshäusern im Bereich der Regionalmedien AG haben, mit der die beiden Häuser einen österreichweiten Gratiszeitungsring gebildet haben.
Aus für Sonntagsrundschau, TT bleibt großformatig
Ein bewegtes Jahr hat die Moser Holding auch hausintern hinter sich. Pläne, den Tiroler Platzhirschen, die "Tiroler Tageszeitung", im Kleinformat erscheinen zu lassen, wurden im August wieder ad acta gelegt. Im November musste der Verlag das Aus der oberösterreichischen "Rundschau am Sonntag" bekanntgeben. Versuche, den Titel Anfang August als Kaufzeitung zu etablieren, waren zuvor gescheitert.
Die Styria wagte sich hingegen in der Krise mit einem neuen Sonntagstitel - der "Presse am Sonntag" - auf den Markt. Betreut von den Redakteuren der "Presse" und ohne zusätzliches Personal war die siebente Ausgabe der Qualitätszeitung am 15. März erstmals erschienen.
Nicht zum Feiern zumute war 2009 der Mediaprint, in der die verlegerischen Aktivitäten von "Krone" und "Kurier" gebündelt sind. Die Mediaprint legte sukzessive ihren Anzeigenkauf zurück, um sich künftig nur mehr auf Druck und Vertrieb der Printtitel zu konzentrieren. In dem Zusammenhang verließ auch Franz Prenner, Vertreter der "Krone" in der Mediaprint, das Unternehmen und ging zu seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem ORF, als Leiter der Werbetochter Enterprise zurück. Mit Jahresende stieg die Mediaprint bei der "Kärntner Tageszeitung" aus, eine Kooperation ging der Verlag hingegen mit den "Salzburger Nachrichten" ein und legte die Hauszustellung von "Krone", "Kurier" und "SN" zusammen.
Streit um Kollektivverträge
Nicht zuletzt unter dem Druck der Werbekrise wollte das "WirtschaftsBlatt" seine Redaktion neustrukturieren und sie in eine Agentur und damit in den günstigeren Gewerbe-Kollektivvertrag ausgliedern. Das zunächst für Oktober angekündigte Vorhaben wurde immer wieder verschoben und zuletzt "on hold" gestellt. Diskussionen um die Einführung neuer Dienstverträge gab es auch in der APA, gegen Jahresende wurde ein Kompromissvorschlag vorgelegt.
In Schwung kam vor diesem Hintergrund die Verhandlung über einen neuen Medien-Kollektivvertrag. Die Verleger wollen weniger automatische Gehaltssteigerungen und flexiblere Kündigungsfristen. Eine Einigung gab es nach jahrelangem Tauziehen in Sachen Presserat, auf dessen Errichtung sich Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Journalistengewerkschaft und Vertreter des Vereins der Chefredakteure im Dezember einigten.
Unterberger musste Göweil Platz machen
Für Aufsehen sorgte die Ablöse von Andreas Unterberger als Chefredakteur der "Wiener
Zeitung". Er wurde Anfang November noch vor Auslaufen seines Vertrags
durch Reinhard Göweil, damals Wirtschafts-Ressortleiter der Tageszeitung "Kurier",
ersetzt. ÖVP und Opposition übten in Folge dessen heftige Kritik am Vorgehen
des "Wiener Zeitungs"-Eigentümervertreter Kanzler Faymann, in
dessen Zuständigkeit die Bestellung der Chefredaktion fällt.
Wie
überhaupt das Hinterfragen dieser Zeitung - eingedenk der nahezu
ausschließlichen Finanzierung über Zwangsinsertionen aus der Wirtschaft -
nur noch von Jahr zu Jahr hinausgeschoben wird. Ein Republik-eigenes
Internet-Portal anstatt dem "Amtsblatt" würde schnell an die 20 Mio. Euro
einsparen. Einen solchen Wechsel zu initiieren ist dem Bundeskanzleramt aber
wohl auch demnächst nicht zuzutrauen.