60 Staats- und Regierungschefs beim Klimagipfel

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Am bisher größten Klimagipfel aller Zeiten geht es nun Schlag auf Schlag: 60 Staats- und Regierungschefs wurden am 16. Dezember erwartet, viele andere reisen in den kommenden zwei Tagen an, darunter US-Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

Die Umweltminister bereiten für ihre Chefs in zähen Beratungen den Boden. Vor der Schlussrunde der 115 Staats- und Regierungschefs am 18.12. wollen sich die Minister auf die Grundzüge eines Klimaabkommens geeinigt haben. Die dänische Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard will dazu neue Entwürfe vorlegen.

Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften die beiden bisherigen Verhandlungsstränge der Konferenz auch in zwei getrennte Abkommen münden - einer setzt das Kyoto-Abkommen fort, dem die USA nie beigetreten sind, und das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält.

EU will Klimaziele stückeln

Aus EU-Kreisen hieß es, Europa wird seine bisher angebotenen Klimaziele möglicherweise stückeln. Die EU hat bereits beschlossen, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 20 % zu senken und auf 30 % zu gehen, wenn andere Industrieländer vergleichbare Angebote machen. Eine Auffanglinie könne jetzt eine Zahl in der Mitte sein, etwa 25 %.

Eine andere Strategie könnte sein, 20 % bis 2020 und 30 % bis 2023 anzubieten. Damit könnte auch dem Aufholbedarf der USA Rechnung getragen werden. Die USA haben angeboten, ihren Ausstoß bis 2020 zunächst um umgerechnet vier Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Für die folgenden Jahre bieten sie weitere Reduzierungen an. Zur Unterstützung der US-Delegation wird am 17.12. nach dänischen Medienberichten Außenministerin Hillary Clinton in Kopenhagen erwartet.

Klimaschutzabkommen denkbar

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hält ein Klimaschutzabkommen inzwischen auch ohne feste finanzielle Zusagen an die Entwicklungsländer für denkbar. Bei Ausbleiben einer Einigung auf die Finanzen müsse die Konferenz ein "einleitendes System" finden. Die Entwicklungsländer verlangen ab 2020 jährliche Zahlungen über 100 Mrd. Dollar aus den Industriestaaten, um die Folgen des Klimawandels für sie abzumildern und sich selbst auf klimafreundliche Technologie umzustellen.

Der britische Premierminister Gordon Brown ist neben mehreren weiteren Staats- und Regierungschefs bereits in Kopenhagen. Eine neue Klimavereinbarung zu erreichen, sei ein "harter Kampf", räumte er gegenüber der BBC ein. Die Hürden bei den Verhandlungen seien "riesig", jedoch nicht "unüberwindbar". Nach Medienberichten führt Brown hinter den Kulissen Sondierungsgespräche, um die massiven Bedenken afrikanischer Staaten gegen die bisherigen Vorschläge der dänischen Konferenzleitung auszuräumen.

Entwicklungsländer drohen mit Scheitern

Die Entwicklungsländer drohen jedoch mit einem Scheitern des Klimagipfels, wenn die Industriestaaten keine kurzfristigen und langfristigen Finanzhilfen zusagen. Der Sprecher der in der Gruppe G77 zusammengeschlossenen Länder, Lumumba Stanislaus Di-Aping, reagierte am 16.12. mit einer entsprechenden Ankündigung in Kopenhagener Medien auf Äußerungen Ban Ki Moons.

Di-Aping sagte der Zeitung "Politiken" dazu: "Es müssen konkrete Beträge auf den Tisch. Eine andere Sicherheit gibt es für uns nicht." Die Industriestaaten haben bisher den Löwenanteil des globalen Temperaturanstiegs verursacht, unter dessen Folgen die ärmeren Länder am meisten zu leiden haben. Vor allem die USA wehren sich gegen langfristige Finanzzusagen an die Entwicklungs- und Schwellenländer.

Am 17. Dezember wird aus Washington zunächst Außenministerin Hillary Clinton und am 18. Dezember zum Konferenzabschluss neben etwa 120 weiteren Staats- und Regierungschefs auch Präsident Barack Obama erwartet. Österreichs Kanzler Faymann nimmt ebenfalls ab 17.12. am Gipfel teil.

Barroso: EU muss Druck standhalten

Auch EU-Kommissionspräsident Barroso appellierte an die Staatengemeinschaft, den Weltklimagipfel in Kopenhagen zum Erfolg zu machen. "Es ist im Moment nicht einfach für die EU in Kopenhagen", räumte er allerdings vor dem Europaparlament in Straßburg ein. Die EU müsse in den nächsten Tagen dem Druck der anderen Staaten standhalten.

Der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen wird noch am 16.12. einen Textentwurf für den Kopenhagener Klimagipfel vorlegen, zu dem allerdings noch Verhandlungen zu erwarten seien, sagte Barroso. Es sei "dringend notwendig", etwas zu verändern im weltweiten Klimaschutz, forderte Barroso. "Wir brauchen einen Erfolg in Kopenhagen. Da steht sehr viel auf dem Spiel." Er hoffe, dass die europäische Führungsrolle zum Klimaschutzes zu einem Erfolg in Kopenhagen führe, sagte der Kommissionschef.

Es müsse eine "umfassende Einigung" mit entsprechenden Überprüfungsmechanismen herauskommen, so Barroso. Auch die EU müsse bereit sein, ihre Treibhausgase noch stärker zu reduzieren. Barroso und der schwedische Ratsvorsitzende und Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt wollten nach der Aussprache im Europaparlament selbst nach Kopenhagen aufbrechen, um dort am Klimagipfel teilzunehmen.

EU-Ratspräsident mahnt Staaten

Der amtierende EU-Ratspräsident und schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt hat unterdessen die internationale Staatengemeinschaft zu einer bindenden Vereinbarung bei der Klimakonferenz in Kopenhagen aufgefordert. Es sei Zeit für andere Industrieländer, sich der EU anzuschließen, sagte Reinfeldt vor dem EU-Parlament. Die Welt brauche verbindliche Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgase, um die Erderwärmung unter 2 °C zu halten.

193 Ländervertreter versuchten in Kopenhagen die Erwartungen von Millionen von Menschen zu erfüllen, sagte Reinfeldt. Dies sei ein entscheidendes Treffen für die Welt, auch für jene Menschen, die nichts mehr anbauen könnten wegen Wassermangels, die ihr Dach verloren haben wegen Stürmen und Fluten und die vergeblich Dämme bauten.

"Es ist schwierig zu handeln, weil wir Angst um unseren Lebensstil haben", so Reinfeldt. Wenn die Menschheit ihre Ressourcen aber weiter so verschwende wie bisher, drohten noch drastische Änderungen. "Wir haben mehr zur befürchten als den Kampf gegen unsere tägliche Bequemlichkeit."

Reinfeldt erinnerte daran, dass die EU bei vergleichbaren internationalen Angeboten zu einer CO2-Reduktion um 30 % bereit sei. Trotz Widerstände habe die EU auch die Bedürfnisse der Entwicklungsländer beziffert und ein Finanzpaket von 7,2 Mrd. Euro zusammengestellt, das aber nicht genüge.
Er habe auch mit der Führung Chinas und Indiens gesprochen, die die Verantwortung für den Klimaschutz bei den Industriestaaten sähen. Die entwickelte Welt könne das Problem aber nicht allein lösen. "Es geht nicht um Formfragen in Kopenhagen, sondern um die Substanz", betonte Reinfeldt.

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