Alpine Bau baut größtes Kraftwerksprojekt Europas

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In Bulgarien geht im Moment eigentlich nichts mehr. Der Stopp der EU-Mittel und die Regierungsablöse haben sämtliche Bauvorhaben zum Stillstand gebracht. Inmitten dieser prekären Lage zieht die Alpine Bau GmbH derzeit ihren größten Einzelauftrag in CEE durch: Mit seinem Wasserkraftwerk in den Rodopen, einem Gebirgszug an der Grenze zu Griechenland, befindet sich das Unternehmen bereits in der Zielgeraden.

"Seit Anfang 2005 wird hier durchgearbeitet", berichtete der Alpine-Niederlassungsleiter Bulgarien, Peter Gfrerer, am Rande der "500.000-Kubikmeter-Feier". Soviel Beton ist bereits in die 131 Meter hohe Staumauer geflossen. Noch heuer soll alles fertig sein.

"Im Dezember soll hier der letzte Kubikmeter Beton eingebaut werden", kündigte Alpine-Chef Dietmar Aluta-Oltyan bei dem Festakt an. "In einem Jahr sind wir hier weg." Doch Aluta spitzt bereits auf seinen nächsten Deal: Nur 80 Kilometer von der derzeitigen Baustelle entfernt werden zwei Staustufen errichtet. "Die Vorverträge mit NEK sind abgeschlossen, die wasserrechtlichen Genehmigungen liegen vor - nur der Ministerratsbeschluss fehlt", so Aluta.

Für das Gorna-Arda-Projekt hat er bereits ein Joint Venture mit der EVN und der nationale bulgarische Stromgesellschaft Natsionalna Elektricheska Kompania EAD (NEK) gegründet. Von den für das Projekt veranschlagten Gesamtinvestitionen in Höhe von 500 Mio. Euro entfielen rund drei Viertel auf die Baukosten. Die Finanzierung wäre privat. Vielleicht kommt hier bald Bewegung ins Spiel: Die neue Regierung wird morgen, Montag, angelobt.

Die derzeit riesigste Kraftwerksbaustelle Europas, das nunmehr fast fertige Tsankov-Kamak-Wasserkraftwerk in den Bergen unweit der südbulgarischen Stadt Devin, verschlingt aus heutiger Sicht eine Bausumme von insgesamt 326 Mio. Euro. Rund 250 Mio. Euro davon entfallen auf die Alpine Bau GmbH, der Rest unter anderem auf die zur Andritz gehörende VA Tech Hydro, welche die beiden Turbinen liefert, sowie auf die Planung.

Baukosten deutlich erhöht

Die Baukosten haben sich während der Errichtung deutlich erhöht - zu Beginn des Projekts war die Alpine für ihren Part von einem Auftragswert von nur 160 Mio. Euro ausgegangen. Den ursprünglichen Plänen zufolge sollte das Kraftwerk auch längst fertig sein - seit Anfang 2008. "Wenn man so ein Projekt wie wir auf die grüne Wiese hinstellt, überholt einen oft die Wirklichkeit", räumte ein Projektberater ein und verwies auf geologische Überraschungen während der Errichtung.

So muss etwa ein Bereich des Staubeckens wegen Karst-Hohlräumen in den Gesteinsschichten mit plombiertem Beton abgedichtet werden und nicht - wie eigentlich geplant (und budgetiert) - einfach mit Spritzbeton. Alleine bei dieser 800 mal 100 Meter großen "Badewanne", wie sie auf der Baustelle mittlerweile genannt wird, hätten sich die Baukosten von 8 auf 40 Mio. Euro verfünffacht.

Im Vorfeld der eigentlichen Bauarbeiten wurden bereits Mitte 2004 "gewisse Probleme mit Landübergaben" ausgeräumt, eine 4,5 Kilometer lange Zufahrtsstraße errichtet, für die Baugrube 600.000 Tonnen Erde ausgehoben, Flussumleitungen vorgenommen und ein kleiner Tunnel gebaut. Auftraggeber NEK hat eigens Stromleitungen zur Baustelle gelegt. "Dieses Projekt ist eine bedeutsame Großinvestition für die Gesellschaft und das erste große Projekt seit 20 Jahren", sagte NEK-Chef Ludomir Velkov.

Zwei Millionen Arbeitsstunden

In das Wasserkraftwerk sind bisher zwei Millionen Arbeitsstunden investiert worden. 1.300 Arbeiter, fast ausschließlich Bulgaren, werken seit Jahren Tag und Nacht, Montag bis Sonntag, an diesem Kraftwerk, das letztlich Stromverbrauchsspitzen in der Früh und am Abend abdecken soll. Mit seiner Gesamtleistung von 85 Megawatt jährlich soll es 188 Gigawattstunden Strom liefern. Damit kann man den Angaben zufolge rund 100.000 durchschnittliche Haushalte versorgen.

Sobald das Bauwerk komplett fertig ist, wird ein etwa 25 Kilometer langes, unbesiedeltes Tal mit Wasser geflutet. "Damit beginnen wir im Juni 2010", kündigte der technische Projektleiter vor Ort, Christian Schild, an. Dieser Einstau werde etwa dreieinhalb Monate dauern. Denn das Kraftwerk wird von der Vacha gespeist - einem Flüsschen kaum stärker als der Wienfluss.

Österreich finanziert den Angaben zufolge etwa 10 Prozent mit und erwirbt dabei rund 250.000 CO2-Emissionszertifikate. Finanziert wird das Kraftwerk über Kredite von einem europäischen Bankenkonsortium unter der Leadership der Bank Austria. Die Österreichische Kontrollbank besichert die Gelder. Der bulgarische Staat habe sich dazu verpflichtet, dass die NEK zurückzahlt.

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