Zweifel an Kostenwahrheit beim Nabucco-Projekt

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Bei den Kostenschätzungen werde immer nur mit den reinen Baukosten operiert, tatsächlich müsste man aber Investitionen in die Gas-Infrastruktur der Lieferländer mit einrechnen. Laut dem Energieexperten Gerhard Mangott sei es zudem problematisch, ausreichend Gas für die Röhre zu finden.

So habe etwa Turkmenistan versprochen, jährlich 10 Mrd. Kubikmeter Gas für Nabucco zur Verfügung zu stellen, aber auch Russland 40 bis 55 Mrd. m3 und China 45 Mrd. m3 zugesichert. Darüber hinaus habe Turkmenistan letzte Woche einen Vertrag mit dem Iran über die Lieferung von 15 Mrd. m3 unterzeichnet - derzeit würden in Turkmenistan aber nur 66 Mrd. m3 Erdgas pro Jahr produziert.

Abhängigkeit von Russland nimmt zu

Laut Mangott könnte der Gasverbrauch der EU von derzeit rund 500 Mrd. Kubikmeter pro Jahr bis 2030 auf mehr als 900 Mrd. Kubikmeter steigen. Gleichzeitig gehe die Eigenproduktion stark zurück: Die britische Produktion habe ihren Höhepunkt bereits 2000 erreicht und falle seither stark, auch die holländische Produktion verzeichne einen schleichenden Rückgang.

Lediglich die Gasproduktion Norwegens werde - je nach Preisentwicklung - bis 2025 stark steigen und dann auf hohem Niveau stagnieren. Die Importabhängigkeit von Russland könnte von derzeit 62 % auf knapp 80 oder sogar 90 % steigen, allerdings sei die Entwicklung des Verbrauchs sehr schwer vorherzusagen.

Konkurrenz im kaspischen Raum

Der Innsbrucker Energieexperte sieht einen Konkurrenzkampf zwischen Russland und der EU um Gas im kaspischen Raum. Russland habe nämlich das Problem, dass seine Gasproduktion in Westsibirien sinke, wegen des konstant hohen Eigenverbrauchs aber auch immer weniger Gas für den Export zur Verfügung stehe.

Die russische Regierung halte den Gaspreis im Inland aus sozialpolitischen Gründen und um die eigene Industrie zu subventionieren bewusst niedrig, aber "solange der Preis so niedrig ist, wird der Eigenkonsum hoch bleiben". Daher habe sich Russland im letzten Jahrzehnt auf den kaspischen Raum konzentriert, wo aber der Wettlauf mit der EU den Preis in die Höhe treibe.

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