Medikamentenwechsel bei Chronischer Polyarthritis

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Rund 80.000 Menschen leiden in Österreich an chronischer Polyarthritis (auch: rheumatoide Arthritis - RA). Biotech-Medikamente - vor allem monoklonale Antikörper zur Hemmung des Entzündungsbotenstoffs TNF-alpha - haben in den vergangenen zehn Jahren die Behandlungsmöglichkeiten verbessert. Doch sie wirken nicht bei allen Patienten ausreichend. Jetzt ist belegt, dass in einem solchen Fall auch ein Wechsel des Präparats sinnvoll sein kann. Das hat eine internationale Studie unter Leitung des Wiener Rheumatologen Josef Smolen ergeben, am 29. Juni online im "Lancet" erschienen ist.

"Mittlerweile gibt es schon fünf TNF-alpha-Inhibitoren. Man erreicht bei Patienten, die nicht ausreichend auf die herkömmlichen Arzneimittel angesprochen haben, bei 60 bis 70 Prozent eine 20-prozentige Verbesserung der Symptome. Doch zu einem profunden Ansprechen kommt es nur bei 20 bis 30 Prozent. Darunter würde man verstehen, dass es zu einer 70-prozentigen Verbesserung kommt", erklärte Josef Smolen, Chef der Universitätsklinik für Innere Medizin III am Wiener AKH und Leiter der Rheumaabteilung am Krankenhaus Hietzing.

Klar ist, dass Polyarthritis-Patienten, bei denen die Behandlung mit Basistherapeutika (Methotrexat, Sulfasalazin, Leflunomide etc.) nicht genügend wirkt, zusätzlich eines der Biotech-Arzneimittel bekommen sollten. Doch bisher war wissenschaftlich nicht belegt, dass bei weiterem Misserfolg auch der Umstieg von einem TNF-alpha-Blocker auf einen anderen noch zusätzlich eine Effekt bringen könnte. Genau das wurde in der neuen Studie untersucht.

Smolen: "Patienten, die nicht ausreichend auf einen TNF-alpha-Blocker angesprochen hatten, erhielten in unserer Studie entweder einen anderen monoklonalen Antikörper (Golimumab, Anm.) in zwei verschiedenen Dosierungen (50 und 100 Milligramm alle vier Wochen per Injektion unter die Haut, Anm.) oder ein Placebo. Nach 14 Wochen wurde der Effekt bestimmt." Die drei Patientengruppen umfassten jeweils etwas mehr als 150 Probanden.

Dabei zeigte sich, dass doch ein gewisser Anteil der Patienten mit bisherigem Fehlschlag der Behandlung doch noch eine deutliche Verbesserung unter dem neueren TNF-alpha-Blocker zeigten: Bei 35 bzw. 38 Prozent kam es zu einer Verbesserung der Symptome um mindestens 20 Prozent (unter Placebo: bei 18 Prozent). Mehr als 20 Prozent der wirklich Behandelten zeigten eine Verbesserung um mindestens 50 Prozent und zwölf Prozent eine Verbesserung sogar um mindestens 70 Prozent.

Studie in zehn Staaten

Die Studie wurde an 82 Zentren in zehn Staaten durchgeführt. Ihre Ergebnisse könnten auch für die Erstattungsfähigkeit der Arzneimittel durch Krankenkassen etc. wichtig sein. Der Wiener Rheumatologe: "Bisher hat beispielsweise das britische Bewertungsgremium NICE die Bezahlung eines weiteren TNF-Blockers nach dem Fehlschlag eines ersten abgelehnt, weil es für die Wirksamkeit eines Wechsels seiner Meinung nach keine ausreichende Beweisführung (Evidenz, Anm.) gab."

Jetzt liegen die Daten aber vor. Großbritannien hinkt allerdings gerade bei modernen Therapien, welche durch das öffentliche Gesundheitssystem bezahlt werden, oft Jahre hinter anderen westlichen Industriestaaten her. Dafür wird NICE allerdings von sogenannten Health-Technology-Assessment-Experten für seine nachvollziehbaren Begutachtungen gerühmt.

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