Schweine-Lawinenexperiment abgebrochen

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"Definitiv abgebrochen" ist das Lawinenexperiment mit Schweinen im Ötztal im Tiroler Bezirk Imst, teilte ein Polizist mit. "Die öffentliche Sicherheit war gefährdet und ein Experimentieren in Ruhe nicht mehr gegeben", zitierte er ein Schreiben vonseiten der Wissenschafter.

Tierschutzorganisationen hatten nach Bekanntwerden der Versuche, wonach mit 29 lebenden Schweinen der Tod von Menschen unter den Schneemassen simuliert werde, Proteste angekündigt. "Die Zelte werden zur Zeit abgebrochen", erklärte der Beamte. Gegen 16 Uhr solle von den Experimenten in Vent nichts mehr zu sehen sein. Unterdessen haben in Sölden rund 15 Tierschützer der Organisation "Vier Pfoten" gegen das Forschungsprojekt "sehr friedlich" protestiert. Für 16. Jänner waren weitere Aktionen auch von internationalen Tierschutzorganisationen angekündigt worden.

Als "einen großen Verlust für das Projekt" bezeichnete der Studienleiter Peter Paal von der Medizinischen Universität Innsbruck den Abbruch. Lediglich ein Drittel der Studie habe durchgeführt werden können, sagte er gegenüber "ORF Radio Tirol". Tierethikkommission und Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung hatten das Forschungsprojekt genehmigt. Die Forscher sahen die Tests als unabdingbar an.

Atemhöhle im Fokus

Ziel des Projektes sei es, in Zukunft die Überlebenschancen von verschütteten Lawinenopfern zu erhöhen und somit eventuell menschliche Leben zu retten, hatte der Leiter des Zentrum für Notfallmedizin Bozen, Hermann Brugger, bereits am 14. Jänner erklärt. "20 Prozent der Lawinenopfer haben eine Atemhöhle", teilte er mit. Bei den Versuchen solle erforscht werden, wie sich der Einfluss der Atemhöhle auf Sauerstoffmangel und Kohlendioxidgehalt in der Atemluft für die Überlebenschance von Menschen auswirkt.

Am 14. Jänner war das Forschungsprojekt vorerst abgebrochen worden, nachdem die Kritiken von mitunter politischer Seite immer lauter geworden waren. Tierschutzorganisationen kündigten Strafanzeigen an, von "Barbarei" und "makaberen Tierversuchen" war die Rede gewesen. Politiker sahen das Experiment als "moralisch äußerst bedenklich" und nannten es eine "unsinnige Tierquälerei ohne jeden wissenschaftlichen Wert".

Forscher überrascht

Nach dem am 15. Jänner "definitiv abgebrochenen" Lawinenexperiment mit Schweinen im Ötztal im Tiroler Bezirk Imst haben sich die Wissenschafter "überrascht, aber nicht geknickt" gezeigt. "Der Rummel ist nachvollziehbar, aber auch naiv und bizarr, weil jeden Tag an vielen Orten Tierversuche stattfinden", erklärte der Studienleiter Peter Paal der APA. Der Unterschied bei diesem Projekt sei gewesen, dass man nach Außen gegangen war und die Studien nicht im Labor oder Tier-OP-Sälen durchgeführt habe.

Ansonst hätte es mit Sicherheit keine öffentliche Reaktion gegeben. "Wir hätten aber die Aussagekraft der Studie infrage gestellt und wir hätten vor allem mehr Versuchsreihen gebraucht", waren sich Paal von der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck und Hermann Brugger, Leiter des Zentrum für Notfallmedizin Bozen, einig. Der Ort, Vent bei Sölden, sei so ausgefallen gewesen, dass die Medien darauf aufmerksam wurden. Paal zeigte sich überrascht, dass ein Projekt, das von allen Seiten genehmigt sei, durch "derartige Widrigkeiten in die Knie gezwungen wird".

"Tiere schmerzfrei und im Schlaf"

In Vent sei mit den Schweinen dasselbe passiert, was weltweit in vielen Labors stattfinde. "Oberste, ethische Voraussetzung ist, dass die Tiere schmerzfrei und im Schlaf gehalten werden", schilderte der Studienleiter. Die Schweine seien aus der Lebensmittelindustrie gekommen und hätten bereits vor dem Transport ein Beruhigungsmittel bekommen, was beispielsweise beim Transport in den Schlachthof nicht der Fall sei.

Mit diesen Tests hätte man die seit 20 Jahren andauernde Forschungslinie im Bereich der Lawinenmedizin beendet und "extrem spannende und für den Menschen hilfreiche Ergebnisse" erhalten. "Die bisherigen Ergebnisse sind gut und erfolgsversprechend", gab Paal einen ersten Einblick in die Studie, die seit 11. Jänner stattfand. Es sei aber leider nicht gelungen, ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen, weil man lediglich ein Drittel der Untersuchung durchgeführt habe. Wo, wie und in welcher Form das Projekt weitergeführt werden soll, konnte der Wissenschafter noch nicht sagen. Allerdings werde man "es nächstes Mal anders machen".

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