Standesstreit: E-Medikation in der Warteschleife

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Beim Nachfolgeprojekt zum "Arzneimittel-Sicherheitsgurt" - der E-Medikation - stockt es. Auch ein Spitzengespräch zwischen Hauptverband, Ärzte- und Apothekerkammer konnte keine Einigung herbeiführen. Gestritten wird zwischen Ärzten und Apothekern.

"Es gab keine Einigung", hieß es bei der Apothekerkammer. "Wir sind sehr weit. Die Apotheker werden sich wohl noch bewegen müssen", erklärte der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger. Bei der E-Medikation handelt es sich um das erste zentrale Projekte für E-Health nach der E-Card-Einführung. Es ist im Endeffekt auch Startpunkt für die elektronische Gesundheitsakte (ELGA).

Der Hintergrund: In Zukunft sollen möglichst viele Arzneimittel, welche der Patient von den verschiedenen Ärzten verschrieben bekommt und in der Apotheke abholt sowie die rezeptfreien Medikamente, die er eventuell noch zusätzlich in Apotheken kauft, elektronisch abrufbar sein.

Die Grundpfeiler der geplanten E-Medikation:

Freiwilligkeit der Beteiligung aufseiten des Patienten, einsehbare Medikamentenliste zur Prüfung auf Doppelverschreibungen und mögliche Wechselwirkungen. Vor Weihnachten waren diese Grundbedingungen klar, man war auch überein gekommen, im Herbst 2010 drei Pilotversuche mit dem System zu starten: In Tirol-West, in Oberösterreich und in Wien-Donaustadt - dort unter Beteiligung des Donauspitals. Das Krankenhaus soll keine Medikation selbst eingeben, aber nach Einschau in die Medikationsliste eines eingelieferten Patienten auf die bisherigen Verschreibungen aufbauen bzw. im Notfall schnell reagieren können.

Dieser Teil war klar und abgehakt. Doch im Zusammenspiel zwischen Apothekern und Ärzten spießt es sich weiterhin. Der wichtigste Punkt: Die Ärzte wollen neben den verschriebenen rezeptpflichtigen Arzneimitteln prinzipiell auch die rezeptfrei in der Apotheke verkauften Medikamente in der Medikationsliste sehen.

Wechselberger: "Das System macht nur Sinn, wenn Ärzte auch jene Medikamente außerhalb der von ihnen verordneten sehen. Also jene, die sie frei kaufen können." Hier kann es durchaus zu einem Wechselwirkungsrisiko kommen. Seitens der Apothekerkammer hieß es aber: "Alle rezeptfreien Medikamente sind Kompetenz der Apotheker."

Finanzierung und Haftung noch offen

Weil das System sozusagen am Thema: "Zeigst Du mir deines, dann zeig ich Dir meines" hängen zu bleiben drohte, wurde ein Kompromissvorschlag erarbeitet: Die AGES-PharmMed erstellte eine Liste von 80 Substanzen bzw. 336 Arzneimitteln von insgesamt rund 4.000 erhältlichen OTC-Präparaten, die wirklich das Potenzial hab en, über Interaktionen mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln Probleme zu machen. Die sollten nun die Ärzte auch einsehen können.

Ärztekammer-Vizepräsident Artur Wechselberger: "Das war unser Kompromissvorschlag." Aber auch der sei von den Apothekern abgelehnt worden. Erledigt sein dürfte hingegen die Frage, wie Verschreibung bzw. Abholung von Arzneimitteln in der Medikationsliste vermerkt wird. Hier soll der Arzt die Verschreibung vermerken, in der Apotheke dann die wirklich erfolgte Abgabe - plus eben die OTC-Produkte.

Geklärt werden aber müssen auch noch die Finanzierungs- und Haftungsfragen. Bei den Kosten - die Apotheker haben für das Projekt laut eigenen Angaben bereits rund drei Mio. Euro investiert - wollen weder diese noch die Ärzte wesentliche zusätzliche Aufwendungen tragen. Weiters will die Ärzteschaft nicht, dass das System über Server der Pharmazeutischen Gehaltskasse der Apotheker läuft, welche allerdings bisher auch schon die gesamte elektronische Kassenrezeptverrechnung für Österreich abwickelt.

Nun soll weiter verhandelt werden. Ein möglicher Kompromiss jedenfalls, was die Einsichtsmöglichkeit der Ärzte in die OTC-Medikation betrifft: Die Pilotversuche - hier könnte einer im Burgenland hinzukommen - könnten teilweise mit und ohne diese Möglichkeit gestartet. Dann könnte man später vergleichen, was sich wirklich bewährt hat.

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