EU erlaubt Verkauf der AUA an die Lufthansa

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Am letzten Tag des alten Ultimatums, am 31. Juli, kam das Grüne Licht aus Brüssel: Die Deutsche Lufthansa darf die angeschlagene Austrian Airlines (AUA) mit Auflagen übernehmen. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat bis zuletzt mit Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber um die Auflagen gerungen. Formell müssen die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission erst zustimmen. Dem "Kranich" reicht aber das Wort der mächtigen Kommissarin Kroes. Im letzten Moment hat die Lufthansa im Kartellverfahren heute noch einmal Zugeständnisse gemacht, um Wettbewerbsbedenken zu zerstreuen.

Nach Angaben der AUA selbst gibt es positive Signale, dass auch das Beihilfeverfahren für die 500-Millionen-Staatshilfe in ihrem Sinn ausgeht. Spätestens Mitte September soll die "Austrian" unter den Fittichen des Kranich fliegen. Die verbliebenen AUA-Streubesitzaktionäre werden zwangsabgefunden.

In den vergangenen Wochen war der Deal mehrfach vom Scheitern bedroht gewesen, weil die Lufthansa unter dem Hinweis, dass sich der Deal bald nicht mehr rechnet, rentable Slots auf Strecken Deutschland/Wien mit Zähnen und Klauen verteidigt hat. Die Krise hat die Lage für alle noch schwieriger gemacht. Schrittweise näherte man sich aber an, immer mehr Auflagen wurden akzeptiert. Mitbewerber wie Niki Lauda (FlyNiki) holten im Verfahren frei werdende Start- und Landerechte für sich heraus.

Die Deutschen hatten sich vorbehalten, aus dem bereits im Dezember 2008 unterschriebenen Kaufvertrag auszusteigen, sollte bis 31. Juli 2009 kein Okay aus Brüssel vorliegen. Als sich Anfang der Woche ein Durchbruch abzuzeichnen begann, aber klar war, dass der Formalbeschluss aus Brüssel zeitlich nicht mehr möglich war, verlängerten die Deutschen das Angebot bis 31. August. Das Okay der österreichischen Übernahmekommission zu dieser Fristverlängerung kam in der Nacht auf Freitag. Die Wiener Behörde kippte damit erst in der Früh die ursprüngliche Deadline.

Zähe Verhandlungen

Zäh und hart waren die Verhandlungen in den vergangenen Wochen. Auch die heutige Entscheidung zog sich hin. Nach stundenlangem Warten, weil die Juristen zwischen Wien, Frankfurt und Brüssel an Erklärungen feilten, kam am Freitag um 18:40 Uhr das erhoffte Kommunique aus der EU-Hauptstadt: EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat ihre Beamten angewiesen, eine Genehmigung mit Auflagen für die Übernahme der AUA durch die Deutsche Lufthansa zu verfassen. Diese muss noch dem Expertenkomitee der Mitgliedsländer vorgelegt werden. Die endgültige Genehmigung soll "so rasch wie möglich" durch die EU-Kommission erfolgen.

Die Lufthansa hat nach neuen Markttests (in denen die Konkurrenz zu Wort kam) am Freitag (31. Juli) noch letzte Zugeständnisse gemacht, um den Deal über die Bühne zu bringen. "Um die Weichen für eine erfolgreiche Transaktion zu stellen", wie Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber am Abend bestätigte, habe man das letzte Angebot angepasst. Die Kartell-Auflagen seien "wirtschaftlich vertretbar", so die Airline.

Von einem "wirtschaftspolitischen Meilenstein" sprach Finanzminister Josef Pröll (V). Pröll ist oberster Eigentümervertreter der noch teilstaatlichen AUA. Er selber war mit seinen Experten bis zum späten Nachmittag in Gespräche eingebunden. "Ich bin sehr froh, dass diese klaren Zukunftssignale gegeben wurden", sagte Pröll. Die Entscheidung für die Zukunft der AUA sei eine Kernfrage für den Wirtschaftsstandort. Er sei sehr froh, dass es weitergehe. Pröll bekräftigte, dass über die zu Beginn der Verhandlungen festgesetzten 500 Mio. Euro Zuschuss hinaus kein Steuergeld für den Verkauf eingesetzt werde.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (S) lobte den "unermüdlichen Einsatz der Regierung, allen voran von Bundeskanzler Werner Faymann" (S). Faymann selbst gab sich nicht zufrieden: "Wenn der Steuerzahler 500 Millionen zahlt, dann kann es keine Erfolgsgeschichte sein", sagte er nach Bekanntwerden der Entscheidung in der ORF-"ZiB 2". Der Kanzler zeigte sich allerdings "erleichtert", dass die Kommission dem Plan zugestimmt hat. Er spricht von einer "Notlösung", jedoch keinem "großen Sieg". ÖIAG-Chef Peter Michaelis sieht mit dem Grünen Licht aus der EU den Weg für den Zusammenschluss geebnet. Die ÖIAG hat ihren 41,6 Prozent-Anteil schon im Dezember der Lufthansa angedient. In informierten Kreisen wird das offizielle Okay der EU-Kommission nicht vor Mitte August erwartet. Zehn Börsetage später ist das Closing fällig.

Erleichterung am Abend auch bei den AUA-Vorständen: "Das ist eine gute Nachricht", schrieben die AUA-Chefs Andreas Bierwirth und Peter Malanik. Man habe "hart" für die Privatisierung gearbeitet. Nun sei der Weg frei. Die AUA werde mit der Übernahme durch die Lufthansa Mitglied der größten Fluggesellschaft Europas. Dadurch bessere sich die wirtschaftliche Grundlage für die österreichische Airline nachhaltig. Es seien aber noch "Hausaufgaben" zu machen.

Die Streubesitzaktionäre der AUA bekommen von der Lufthansa 4,49 Euro je Aktie. Die ÖIAG dagegen erhält nur einen symbolischen Cent-Betrag auf ihre Aktien, was mit dem 500-Millionen-Zuschuss der Republik einen negativen Kaufpreis ergibt. Am Freitag ging die AUA-Aktie mit 4,28 Euro (minus 2,28 Prozent) aus dem Handel.

Lauda-Kritik an Pröll: Airline mit 500 Mio.-Zugabe verschenkt

Niki Lauda sieht nach dem Grünen Licht der EU für die Übernahme der AUA durch die Lufthansa in dem Deal keine Erfolgsgeschichte. "Ich bin erstaunt darüber, wie der Herr Pröll das Ganze jetzt als großen Erfolg verkauft", kritisiert er im Interview mit "Österreich" (Sonntagsausgabe) Finanzminister Josef Pröll (V) und spricht vom "größten Drama seit dem Zweiten Weltkrieg": "Es ist ja schließlich keine Kunst, eine Airline zu verschenken und dann noch 500 Millionen Euro dazuzugeben".

Persönlich sei er allerdings "sehr zufrieden", der Kompromiss ermögliche den freien Wettbewerb. "Ich bekomme ab nächstem Jahr fünf Slots in Frankfurt und zwei Slots in München. Ich kann jetzt expandieren und fliege nächstes Jahr mit 15 Flugzeugen". Dies sei in Ordnung, wenn auch keine Verbesserung des Wettbewerbs, sagte er zu mehreren Medien. Lauda wünscht sich vor allem zusätzliche Ostdestinationen.

Er sei immer dafür gewesen, dass die AUA zur Lufthansa komme. "Aber es muss allen klar sein, dass NIKI jetzt die einzige große österreichische Airline ist. Die AUA ist nach Deutschland verkauft worden."

ÖVP weist Lauda-Kritik zurück

Lauda habe wohl gehofft, dass die Politik nach einem Scheitern des Lufthansa-Deals die AUA zum zweiten Mal in einen Merger mit seiner Airline zwingen würde, erklärte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Für Kopf ist es nicht nachzuvollziehen, dass ausgerechnet Niki Lauda, der die Situation der AUA massiv mit verursacht habe, nun Kritik an diesem Deal übe. Die AUA würde heute wesentlich besser dastehen, hätte sie nicht die Lauda Air übernommen, so Kopf. Die AUA-Schulden seien gerade durch die Lauda-Übernahme massiv angestiegen. Der jetzige Verkauf der AUA war "alternativlos", entgegen Laudas Aussagen bleibe die AUA "die österreichische Luftlinie, eingebettet in das Netzwerk der Lufthansa", so Kopf in einer Aussendung.

Durchwegs zuversichtlich äußert sich AUA-Vorstand Peter Malanik zum Deal. Im Gespräch mit der "Presse" (Samstagsausgabe) meint er, die AUA werde im Lufthansa-Konzern "nicht viel anders" aussehen. Die Marken Austrian und Lauda Air würden bleiben, Leistungen wie Treibstoff-Hedging würden zugekauft, was Kostenvorteile bringe. "Die Lufthansa führt ihre Töchter an der langen Leine. Das wird man auch mit uns machen, solange wir Erfolg haben".

Flughafen Wien will sich als Lufthansa-Ost-Hub positionieren

Das Management des börsenotierten Flughafen Wien begrüßte am Freitagabend die Einigung zwischen EU-Kommission und Lufthansa. Dieser Zusammenschluss bedeute für den gesamten Flughafen-Standort und seine Beschäftigten eine nachhaltige Aufwertung als Drehkreuz nach Osteuropa und in den Nahen Osten, erklärte Flughafen-Vorstand Herbert Kaufmann in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

Die Strategie der Lufthansa, ihr Netz über mehrere Hubs zu betreiben, "gibt uns die Chance, unsere Vorteile als Hub für den künftigen Lufthansa/AUA-Verbund noch mehr unter Beweis zu stellen", so Kaufmann. Mit Tarifstruktur, Dienstleistungsqualität und den europaweit kürzesten Mindestumsteigezeiten sei man dafür "sehr wettbewerbsfähig aufgestellt".

Robin Hood übt Kritik an Pröll

Das steirische Flugunternehmen Robin Hood ist mit dem Deal nicht zufrieden. In einem Offenen Brief an Pröll fordert Robin-Hood-Geschäftsführer Georg Pommer unter anderem "die sofortige Gleichstellung österreichischer Luftfahrtunternehmen mit dem künftig deutschen Unternehmen AUA".

Pröll solle garantieren, dass die Regionalluftfahrt in Österreich ebenso engagiert unterstützt werde, wie er sich für den Standort Wien und die AUA auf Kosten des Steuerzahlers einsetze, verlangte Pommer am Montag in einer Aussendung. Der Finanzminister solle "unverzüglich die steuerfinanzierte und wirtschaftsfeindliche Schwächung des Regionalverkehrs in den österreichischen Bundesländern stoppen" und eine Gleichbehandlung steirischer Luftfahrtangestellter mit jenen von Austrian Airlines herstellen.

Der 2005 gegründete regionale Carrier Robin Hood Aviation GmbH mit Sitz in Feldkirchen bei Graz fliegt seit 2007 und beschäftigt zwischen zwei und drei Dutzend Mitarbeiter.

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