Die Wirtschaftskrise bringt den Arbeitsmarkt für Piloten in heftige Turbulenzen. Viele Fluggesellschaften bauen angesichts von Einbrüchen bei Passagier- und Luftfrachtzahlen auch bei den Piloten Stellen ab. Bei der deutschen Bundesagentur für Arbeit waren im Mai 266 Flugzeugführer arbeitssuchend gemeldet, fast doppelt so viele wie im Sommer 2008.
Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen. "Ich schätze, dass rund 500 bis 600 Piloten in Deutschland auf der Suche nach Arbeit sind", sagt der einzige Pilotenvermittler der Bundesagentur, Holger Bausch. Vor einem Jahr sei alles noch ganz anders gewesen: "Da kamen wir mit dem Vermitteln nicht hinterher."
Langfristig ist allerdings davon auszugehen, dass weltweit eher wieder mehr Piloten nachgefragt werden. Einer früheren Studie von Boeing zufolge wird sich die Zahl der Verkehrsflugzeuge von 2006 bis 2026 weltweit verdoppeln - von 18.230 auf 36.420. In diesem Zeitraum müssten mehr als 363.000 Piloten ausgebildet werden. Auch wenn Boeing inzwischen die Zahl der benötigten Passagierflugzeuge in den nächsten 20 Jahren auf 29.000 heruntergeschraubt hat, so ist der Bedarf an Piloten weltweit immer noch enorm. "Der globale Trend geht nach oben, auch wenn es jetzt eine kleine Delle gibt", glaubt auch Bausch.
Wegen der Wirtschaftskrise ist die sonst übliche Frühjahrsbelebung auf dem Piloten-Arbeitsmarkt aber erst einmal ausgeblieben. Bei der Lufthansa erhalten neu eingestellte Piloten deshalb nur noch halbe Stellen. Die Airline hat bereits 2008 die Kapazität ihrer Flugschule in Bremen von 300 auf 240 Plätze gekürzt. Fertig ausgebildete Piloten müssen derzeit neun Monate bis zum Berufseinstieg als Co-Pilot warten. In dieser Zeit vermittele die Lufthansa die Absolventen der Flugschule in andere Unternehmensbereiche, zu anderen Airlines oder zur Flugsicherung.
Interesse an Ausbildung ungebrochen
Trotzdem sei das Interesse an einem Job als Pilot ungebrochen, so Unternehmenssprecher Michael Lamberty. "Die jungen Leute lassen sich nicht abschrecken." Mittelfristig rechnet auch die Lufthansa wieder mit einem größeren Bedarf. Bis 2011 werde das Pilotenkorps von 3.800 auf 4.100 wachsen, auch wegen des neuen Airbus A380. Eine Umschulung erfahrener Piloten auf ein solch großes Flugzeug dauere beispielsweise einen Monat. Da der Pilot in dieser Zeit nicht für Linienflüge zur Verfügung stehe, werde Ersatz benötigt.
Arbeitslose Piloten müssen nicht nur auf ihr Gehalt verzichten, sondern auch selbst investieren, wenn sie am Arbeitsmarkt weiter eine Chance haben wollen: Um ihre Fluglizenz nicht zu verlieren, müssen sie diese regelmäßig mit Übungen am Simulator erneuern. Kostenpunkt: Mehrere Tausend Euro. Ein Training, um in einer bestimmten Maschine den Steuerknüppel übernehmen zu dürfen, kostet laut Bausch bis zu 40.000 Euro. Üblicherweise zahlten die Arbeitgeber dieses Training.
In der Krise gebe es jedoch mehr und mehr Firmen, die von Bewerbern verlangten, dass sie dieses Training bei ihrer Einstellung mitbringen. Überhaupt ist der Beruf nicht billig: Bei der Lufthansa und der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin müssen Pilotenschüler 60.000 Euro selbst zahlen.