Bei den Privilegien soll es jetzt eine schärfere Prüfung geben, Töchter werden verkauft und die Banken-Kontrolle wird verschärft.
ÖSTERREICH: Warum wollen Sie die ÖNB gerade jetzt
verstaatlichen? 50 Millionen für 30 Prozent der Anteile ist doch sehr teuer?
Josef
Pröll: Mir ist wichtig, Banken und Versicherungen, die jetzt noch
ÖNB-Anteile haben, herauszunehmen, weil hier Interessenkonflikte vorliegen
können. Die Nationalbank prüft ja genau diese Einrichtungen. Die Krise hat
uns auch gelehrt, dass man hier klare Verhältnisse schaffen muss, und das
tun wir.
ÖSTERREICH: Wollen sie jetzt die ÖNB-Pensionsprivilegien
abschaffen?
Pröll: Wir werden uns sicher die Strukturen
und historischen Belastungen und Hypotheken vornehmen. Da gibt’s sicher in
einigen Punkten etwas nachzuschärfen.
ÖSTERREICH: Kommt ein Gesetz gegen ÖNB-Privilegien?
Pröll:
Wir müssen uns noch anschauen, in welcher Weise wir hier vorgehen. Aber es
ist sicher ein Thema, das uns schon länger beschäftigt. Auch die
Beteiligungen der Nationalbank an anderen Firmen sind zu prüfen. Die Frage
ist: Braucht eine Nationalbank diese Beteiligungen künftig? Alle diese
Fragen sollen auf den Prüfstand.
ÖSTERREICH: Warum will ausgerechnet die Wirtschaftskammer
ihre Anteile nicht verkaufen?
Pröll: Das ist derzeit so.
Aber wir werden ein attraktives Angebot legen. Ich denke, kein Mensch kann
etwas dagegen haben, wenn stärkere staatliche Kontrollaufsicht geschaffen
wird. Auch der Koalitionspartner ist informiert und zieht mit.
ÖSTERREICH: Dennoch gibt es Streit mit der SPÖ. Etwa bei der
Internierung von Asylwerbern. Bleibt die ÖVP da auf Crashkurs?
Pröll:
Die Entlastung der beiden Erstaufnahmezentren durch ein drittes ist kein
Crashkurs. Wir haben das vor einem Jahr festgelegt. Und die Frage der
Aufenthaltsverpflichtung ist logisch. Denn viele Asylwerber tauchen während
der Erstaufnahme in die Illegalität ab. Deshalb: verpflichtender Aufenthalt
für einen befristeten Zeitraum mit besserer Infrastruktur und schnelleren
Verfahren für die ankommenden Asylwerber.
ÖSTERREICH: Aber die SP will den Freiheitsentzug nicht
mittragen. Ihr Vorschlag?
Pröll: Es gibt keinen
Freiheitsentzug. Wir werden mit der Innenministerin und Experten ein
verfassungskonformes Konzept erarbeiten. Denn wir bewegen uns auf
menschenunwürdige Zustände zu, wenn wir nichts tun. Es wird ja kein
Gefängnis mit Zellen sein. Freie Mobilität innerhalb des Betreuungszentrums
wird gewährleistet sein. Und wer nach einer Überprüfung bei der Erstaufnahme
dann ins ordentliche Asylverfahren kommt, kann sich innerhalb der
Bundesländer-Quotenregelung frei bewegen.
ÖSTERREICH: Wie stehen Sie zur Kanzler-Idee von
Volksbefragungen dazu?
Pröll: Bei grundsätzlichen
Fragestellungen sind Volksbefragungen ein wichtiges Element direkter
Demokratie. Hier sehe ich das aber kritisch. Wofür bekommt ein Politiker
noch Geld, wenn er jedes Mal, wenn’s eng wird, die Verantwortung woanders
hindelegiert?
ÖSTERREICH: Die Bildungsministerin hat sich um 120 Mio.
verschätzt. Geht der Lehrerstreit von vorne los?
Pröll:
Sie hatte mehr als genug Geld und die Lehrerdebatte vor einem Jahr wohl aus
anderen Gründen vom Zaum gebrochen. Statt einer neuen Lehrerdebatte will ich
rasch die Auswertung des Bedarfs nach Ganztagsschulen – und diese
gegebenenfalls massiv ausbauen.
ÖSTERREICH: Kommen neue Steuern im Herbst?
Pröll:
Ich sehe keinen Anlass, zu Jahresbeginn über neue Steuern auch nur
nachzudenken.