Das hoch verschuldete Griechenland stellt auch Exporteure aus Österreich vor neue Herausforderungen. Bereits 2009 sind die heimischen Lieferungen in das südosteuropäische Land um 22,8 % auf 581,8 Mio. Euro eingebrochen, für heuer erwartet der österreichische Handelsdelegierte in Athen, Bruno Freytag, einen weiteren Rückgang um 10-15 %.
Exportfirmen müssten derzeit in Griechenland jedenfalls "mit langen Zahlungszielen" rechnen und danach trachten, ausständige Forderungen einzutreiben, warnte der Handelsdelegierte: "Es ist einfach kein Cash da". Die Griechen kauften derzeit nur, was unmittelbar nötig sei.
Dennoch sei es gerade jetzt wichtig, dass die europäischen Geschäftspartner Solidarität den Griechen gegenüber zeigten, rät der Experte. Auch die Außenhandelsstelle in Athen versuche nun, Kontakte intensiv zu pflegen, denn nun hätten die griechischen Unternehmer auch Zeit für derartige Gespräche.
Von österreichischer Seite setze man den Schwerpunkt nun auf den Bereich IT und Software, zumal dieses Thema bei den Rationalisierungsmaßnahmen der griechischen Regierung - etwa in der Verwaltung oder im Gesundheitsbereich - eine große Rolle spielen werde, sagte Freytag. Nur so sei es möglich, die Produktivität in Griechenland zu steigern.
Großes Potenzial für Exporteure aus Österreich sieht der Experte auch in der Umwelttechnologie und im Infrastruktur-Bereich. Derzeit fehle aber noch das Investitionskapital dazu. Aufgrund des akuten Kapitalmangels liegen laut Freytag auch 20 Mrd. Euro an EU-Geldern noch ungenutzt da, weil Griechenland die nötige Kofinanzierung von Projekten nicht übernehmen könne.
Griechenland selbst habe auch in seiner eigenen Exportwirtschaft ein "großes Defizit". Nur 10 % des BIP werde derzeit exportiert. Es fehle an den nötigen Investitionen, vor allem in Forschung und Entwicklung. Potenzial sieht Freytag vor allem in der Lebensmittelindustrie des Landes, derzeit sei der USP (Unique Selling Proposition, einzigartiger Wettbewerbsvorteil, Anm.) Griechenlands aber nicht nur in diesem Sektor "schwer zu definieren".
Eine mögliche Einnahmequelle sieht Freytag etwa auch im Immobilienbereich, wo derzeit die Nachfrage nach einem Zweitwohnsitz in Griechenland - als Alternative zu Spanien oder Portugal - nicht gegeben sei, weil es kein griechisches Grundbuch gebe und damit die rechtlichen Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen in Immobilien nicht gegeben seien.
Laut dem Chef der für die Schuldenverwaltung zuständigen Finanzagentur, Petros Christodoulou, hat Griechenland bis Ende Mai einen Finanzbedarf von 23 Mrd. Euro. Griechenland verfüge derzeit über 7 Mrd. Euro an flüssigen Mitteln.
Zum Abbau des hohen Staatsdefizits erhöht die griechische Regierung die Mehrwertsteuer von 19 auf 21 %. Die Gehaltszuschläge im öffentlichen Dienst sollen in diesem Jahr um 30 % gekürzt und die staatlichen Pensionszahlungen eingefroren werden. Die Beschlüsse erfolgen unter dem Druck der EU, das Haushaltsdefizit von zuletzt 12,7 % des BIP in diesem Jahr um mindestens 4 Prozentpunkte zu reduzieren. Die Furcht vor einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, dessen Gesamtverschuldung 2010 rund 120 % des BIP erreichen dürfte, belastet auch den Euro.
Heute kommen in Brüssel die Finanzminister der Euro-Zone zu Beratungen über die griechische Schuldenkrise zusammen. Griechenland will bei diesem Treffen die ersten Ergebnisse seines harten Sparprogramms präsentieren. Athen bekräftigte am Sonntag erneut, seine Staatsfinanzen ohne Geldzuwendung der EU-Partner sanieren zu wollen.
Griechische Wirtschaft schrumpft 2010 um 2 %Die griechische Notenbank hat sich angesichts der anhaltenden Rezession für einen strikten Sparkurs ausgesprochen. "Griechenlands Wirtschaft ist in einen Teufelskreis abgerutscht, und es gibt nur einen Ausweg: Die drastische Reduzierung von Defizit und Schulden", teilte die Notenbank mit. Die Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr um 2 % schrumpfen. Die Notenbank ist damit deutlich pessimistischer als die Regierung in Athen, die mit einem Minus von weniger als 2 % rechnet. |