"Das Vertrauen in den Kapitalmarkt ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise erschüttert", attestiert Ex-Wirtschaftsminister Johannes Ditz.
Für den nunmehrigen Präsidenten des Zentrums für Soziale Marktwirtschaft ist vor allem die FMA nach wie vor zu zahnlos: Deren Zuständigkeiten seien noch auf zu viele Stellen aufgesplittert - neben ihr sind auch die Nationalbank (OeNB) und das Finanzministerium involviert, wie Ditz bei der Präsentation einer neuen Studie erläuterte. "Die Stärke der FMA als Allfinanzbehörde muss noch ausgebaut werden", betonte auch Studien-Co-Autorin Susanne Kalss von der WU Wien.
Ziel sei die völlige Unabhängigkeit der FMA, die frei von politischen Zurufen agieren könne - vom Führungsgremium bis hin zu jedem Referenten. "Erst wenn wir eine starke FMA mit klaren Rechten und Pflichten sowie hoher Integrität haben, können wir ihr eine neue Aufgabe in Richtung Emittentenaufsicht übertragen", so die Wirtschaftsprofessorin.
Mehr Rechte für Anleger
"Die Rechtsposition der Anleger muss gestärkt werden", sagte die Wirtschaftsexpertin. Zudem seien die Funktionen, Aufgaben und Pflichten in der internen und der externen Unternehmensaufsicht klarer festzulegen, "damit es bei Aufsichtstätigkeiten zu keinen Gefälligkeiten kommt". Eine faire Aufsicht müsste aber auch entsprechend honoriert werden. "In Österreich haben wir ein breites Spektrum an Interessenskonflikten", sprach Kalss das oft zu enge Verhältnis zwischen Aufsicht und den zu Beaufsichtigenden sowie das Hausbankenprinzip an.
Viele Kleinanleger haben sehr viel Geld verloren und die rechtliche Handhabe gegen Fehlverhalten der Emittenten ist noch nicht zufriedenstellend. Entsprechend hat das Vertrauen der Investoren gelitten: Zwischen 2005 und 2007 hat sich die reale Aktienmarktkapitalisierung in Österreich laut Co-Autor Christian Helmenstein relativ gut entwickelt, "2008 war sehr schlecht und 2009 wird auch nicht gut - das ist die Empirie zur heute präsentierten Studie", sagte er.
"Noch Verbesserungspotenzial"
Doch ein gut funktionierender Kapitalmarkt sei für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes wesentlich. Trotz eines belegbaren Aufholprozesses gegenüber Deutschland habe Österreich bei der Marktkapitalisierung und den Börsenumsätzen noch "Verbesserungspotenzial".
Die Wiener Börse könnte noch weitaus stärker als "Kapitalaufbringungsvehikel" genutzt werden - nicht nur im Rahmen von Börsengängen, sondern auch für Kapitalerhöhungen. 10 Prozentpunkte mehr Eigenkapital führen laut Helmenstein zu 0,4 % mehr F&E und zu einem um fast 5 % höheren BIP pro Kopf. Auch für die Altersvorsorge sei der Kapitalmarkt - als dritte Säule des Pensionssystems (neben der staatlichen und der betrieblichen) - wichtig.
Zwischen 2003 und 2008 habe der Eigenkapitalmarkt einen beträchtlichen Beitrag zur österreichischen Wertschöpfung geleistet, verwies Helmenstein auf 1,25 Prozent reales BIP-Wachstum. Ein durchschnittlicher jährlicher Wachstumsbeitrag von 0,2 Prozentpunkten habe 19.000 Jobs geschaffen.
Die Krise hat Österreich bisher gut überstanden: die Rückgänge infolge der internationalen Finanzmarktturbulenzen des vergangenen Jahres seien geringer als die durchschnittlichen Zuwächse der Jahre davor. Der Nettoeffekt sei trotz Finanzkrise, die ersten Berechnungen zufolge (per Mitte September) 0,3 Prozentpunkte BIP-Verlust bescherte, positiv.