Die Razzia der EU-Kommission bei dem zu zwei Dritteln staatlichen tschechischen Energiekonzern (CEZ) und zwei weiteren Energiefirmen von vergangener Woche hat ein Nachspiel.
Nach Angaben der tschechischen Tageszeitung "Lidove noviny" haben alle drei Firmen im Voraus gewusst, dass eine derartige Inspektion stattfinden soll. Angeblich ist die Information aus der tschechischen Wettbewerbsbehörde (UOHS) in Brünn durchgesickert. Der UOHS-Chef Petr Rafaj bestreitet dies jedoch.
Die EU-Kommission will unterdessen ermitteln, wie und woher die vertrauliche Information über die Inspektion in die betroffenen Firmen gelangte. Der Sprecher der EU-Wettbewerbskommissarin, Jonathan Todd, bestätigte die Überprüfung der Vorgänge: "Allerdings kann ich nicht über konkrete Schritte reden, wie wir die Ermittlungen führen werden." Er verwies darauf, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Pflicht hätten, mit der EU-Kommission bei der Ermittlung zusammenzuarbeiten und die Arbeit der EU-Ermittler nicht zu behindern.
Rafaj gestand, dass seine Behörde eine ausführliche Information über die EU-Inspektion erhalten hatte. "Wir wurden informiert, wann es stattfindet, wie viele Inspekteure kommen und wohin sie gehen werden (...) Das alles haben wir vier bis fünf Tage im Voraus gewusst", so der Chef der tschechischen Wettbewerbsbehörde. Er schloss aber aus, dass diese Informationen aus seiner Behörde durchsickern konnten.
Aktenvernichtung im großen Stil
Die Vertreter der betroffenen Unternehmen behaupten, sie hätten über die Razzien einen Tag davor von der tschechischen Online-Zeitung "www.euro.cz" erfahren. Laut "Lidove noviny" wurden vor der Kontrolle Dokumente und elektronische Daten in den Computern gelöscht. "Die Papierwölfe liefen auf vollen Touren", sagte dem Blatt eine nicht genannte Quelle von CEZ. CEZ-Chef Martin Roman bezeichnete dies jedoch als "absoluten Unsinn".
Nach Angaben der tschechischen Wirtschaftstageszeitung "Hospodarske noviny" (Mittwoch-Ausgabe) hat die EU-Inspektion eine Transaktion im Umfang von 12 Mrd. Kronen (461,5 Mio. Euro) vereitelt. Dabei sollte CEZ sein Kraftwerk im nordböhmischen Pocerady (CEZ) gegen ein Kohlebergwerk von Czech Coal austauschen. Roman verhandelte darüber einen Tag vor der EU-Inspektion mit dem Großaktionär von Czech Coal, Petr Tykac, in Prag. Nachdem die Inspektion begonnen hatte, nahm CEZ von der Transaktion aber Abstand, hieß es.
Die EU-Kommission hatte die Razzien in den drei tschechischen Firmen wegen des Verdachts auf Wettbewerbsverzerrungen durchgeführt. "Es besteht der Verdacht, dass möglicherweise Wettbewerber verdrängt und die Preise auf dem tschechischen Stromgroßhandelsmarkt erhöht wurden", hatte die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel erklärt.