Im Jahresschnitt wird die Erwerbslosenzahl um 320.000 auf 3,77 Mio. zunehmen, erwartet der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. "Horrorszenarien werden ausbleiben", sagte der FDP-Politiker. "Mit etwas Glück bleibt die Arbeitslosenzahl im nächsten Winter unterhalb der 4-Millionen-Grenze." Dies wäre "psychologisch wichtig und würde weiteren Auftrieb geben".
Hoffnungszeichen für den Arbeitsmarkt signalisierte auch der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA). Der monatlich veröffentlichte Indikator legte im Jänner um 1 auf 130 Punkte zu. Die Nachfrage nach Arbeitskräften hatte sich Mitte 2009 auf niedrigem Niveau stabilisiert und ist seither stetig leicht gestiegen.
Der Personalbedarf liegt damit leicht unter dem Niveau vom Jänner 2006 in der Startphase des damaligen Aufschwungs. Wie in den vergangenen Monaten mahnte die BA zur Vorsicht. Abzuwarten sei, ob der Kräftebedarf der Unternehmen in den kommenden Monaten weiter steige.
Klarheit über weitere Steuersenkungen gefordert
Brüderle pocht auf rasche Entscheidungen über weitere Steuersenkungen. Bei der Vorlage des neuen Jahreswirtschaftsberichtes der Regierung mahnte Brüderle zugleich eine moderate Lohnpolitik an.
"Die Talsohle ist überwunden, aber der Aufstieg wird langsam und beschwerlich", erklärte Brüderle. Umso wichtiger sei es, dass Bürger und Unternehmen "jetzt schnell Klarheit über die Entlastungen bekommen, die ihnen eine umfassende Steuerreform möglichst ab 2011 bringt". Wenn die Tarifparteien ihre maßvolle und flexible Lohnpolitik fortsetzen und Bürger dank weiterer Steuersenkungen mehr Geld in der Tasche haben, sind laut Brüderle die Weichen für einen nachhaltigen Wachstumskurs gestellt.
Die Spitzen von Union und FDP hatten sich nach monatelangem Streit darauf verständigt, nach der Mai-Steuerschätzung Umfang und Fahrplan der weiteren Milliarden-Steuersenkungen zu beschließen. Angestrebt werden Entlastungen von bis zu 19,5 Mrd. Euro pro Jahr.
In ihrer aktuellen Konjunkturprognose erwartet die Bundesregierung in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,4 %. Das ist etwas mehr als das zuvor unterstellte Wachstumsplus von 1,2 %. Mit der neuen Prognose ist die Bundesregierung aber zurückhaltender als viele Ökonomen. "Wir haben uns das gut überlegt", sagte Brüderle.
Es werde zwei bis drei Jahre dauern, bis das konjunkturelle Niveau von 2008 erreicht werde, sagte Brüderle. Die wieder anziehende weltwirtschaftliche Nachfrage werde aber zu einem deutlichen Wachstum der deutschen Exporte führen. Der private Konsum werde keinen Wachstumsbeitrag leisten. Die Effekte der staatlichen "Abwrackprämie" für Altautos seien verpufft.
Alles in allem sei Deutschland aber gut durch die Krise gekommen. Er sprach sich für einen geordneten und konsequenten Ausstieg aus den staatlichen Hilfsprogrammen gegen die Krise ab 2011 aus.