Besorgnis über die Zukunft der EU-Kohäsionspolitik - dem wirtschaftlichen Zusammenhalt der Regionen durch gezielte Förderungen - herrscht derzeit im Europaparlament (EP). Die Kohäsionspolitik ist zentrales Aufgabengebiet des designierten österreichischen EU-Regionalkommissars Johannes Hahn (V).
Mehrere EU-Abgeordnete äußerten am 17. Dezember die Sorge vor einer Renationalisierung der Strukturförderungen. Der FPÖ-Europaabgeordnete Franz Obermayr sagte, im EU-Parlament herrsche Unruhe über ein "Geheimpapier" der EU-Kommission, welches eine "180-Gradwendung" in der EU-Budgetpolitik nach 2013 bis 2020 vorsehe. Dies sehe eine Streichung der bisherigen Ziel-2-Förderungen vor, die seit 2007 unter dem Titel "Wettbewerbsfähigkeit" den Strukturwandel in Regionen unterstützen. Davon wären zwei Drittel aller EU-Regionen betroffen, sagte Obermayr.
Nach Ansicht des FPÖ-Europaabgeordneten würden damit Finanzmittel für einen EU-Beitritt der Türkei gesichert. Eine Antwort des EU-Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso auf einen disbezüglichen "offenen und besorgten Brief" der Vorsitzenden des Regionalausschusses im EU-Parlament und Ex-Regionalkommissarin, Danuta Hübner, sei nicht überzeugend ausgefallen.
Sorge um EU-Kohäsionspolitik
Auch die portugiesische Linksabgeordnete Ilda Figueiredo äußerte "große Sorge". Es gebe viele Zeichen, dass sowohl das Konzept als auch die Finanzierung der EU-Kohäsionspolitik weiter ausgehöhlt würden. In der aktuellen Krise sei aber die Kohäsionspolitik besonders nötig, um große soziale Unterschiede auszugleichen. Ärmere und periphere Regionen würden von Einsparungen besonders betroffen sein. Andere EU-Parlamentarier kritisierten, dass die Kohäsionspolitik gar nicht in der von der EU-Kommission vorbereiteten Strategie "EU2020" für Wirtschaftsreformen enthalten sei. Die Strategie soll für die nächsten zehn Jahre an die Stelle der gescheiterten Lissabon-Strategie treten.
Die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach betonte: "Wir brauchen keine Renationalisierung." Erforderlich seien weiterhin Fördermittel für alle EU-Regionen. Erreichtes dürfe nicht gefährdet werden. Gleichzeitig müsse der effiziente und korrekte Einsatz der Gelder sichergestellt werden. Ihre SPÖ-Kollegin Evelyn Regner hob die Bedeutung des Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Weiterbildung und Förderung von Frauen hervor.