EU-Erweiterungskommissar Rehn besucht Westbalkan

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Nach der Empfehlung der EU-Kommission zur Aufhebung der Visapflicht für Mazedonien, Serbien und Montenegro reist Erweiterungskommissar Olli Rehn am 22. Juli in die Region. Rehn will in Belgrad aber nicht nur über die Anfang 2010 anstehende Visa-Liberalisierung sprechen - wobei Serbien bis Oktober noch einige Voraussetzungen zu erfüllen hat -, sondern auch über die Fortsetzung des EU-Integrationsprozesses im größten Staat des Westbalkan.

Zu Voraussetzungen, welche Belgrad noch vor Aufhebung des Visumzwanges zu erfüllen hat, gehört unter anderem auch ein Abkommen mit der EULEX-Mission in Pristina (Prishtina) über die Grenzkontrolle. Der entsprechende Entwurf wurde nach Angaben serbischer Regierungsfunktionäre ausgearbeitet und wird zurzeit von der EU-Rechtsstaatsmission analysiert.

Die serbischen biometrischen Pässe sollen Bürgern des Kosovo, die Belgrad als serbische Staatsbürger ansieht, künftig zentral ausgestellt und mit dem Vermerk "Innenministerium - Koordinationsverwaltung" gekennzeichnet werden. Besitzer dieser Pässe werden bei den Reisen in die EU-Staaten auch künftig ein Visum brauchen. Die serbische Opposition erkennt darin eine indirekte Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch Belgrad.

SAA wird von Serbien einseitig umgesetzt

Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), das die EU im April 2008 mit Serbien unterzeichnet hat, wird seit Anfang des Jahres von Belgrad einseitig umgesetzt. Die Niederlande widersetzt sich seiner Umsetzung, solange der in Serbien vermutete frühere Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, nicht festgenommen und an das UNO-Kriegsverbrechertribunal überstellt ist. Rehn werde in Belgrad der Hoffnung Ausdruck geben, dass auch die Hindernisse für die SAA-Umsetzung bald behoben sein würden, berichtete die Presseagentur Beta.

Rehn wird am 22. Juli auch in Podgorica erwartet. Montenegro, das sich im Juni 2006 von Serbien getrennt hatte, stellte im Dezember einen EU-Beitrittsantrag. Laut früheren Ankündigungen aus Regierungskreisen wird Rehn den montenegrinischen Behörden einen Fragebogen zur Beitrittsbewerbung überreichen, der bis November an Brüssel zu retournieren ist. Aufgrund der Antworten auf mehrere tausend politische und wirtschaftliche Fragen wird die Kandidatur dann von der EU-Kommission beurteilt werden.

Besuch von Mazedonien und Bosnien

Rehn wird im Anschluss am 23. Juli auch Mazedonien und Bosnien-Herzegowina besuchen. Mazedonien hatte schon seit fast vier Jahren den Status eines EU-Beitrittskandidaten, wartet aber noch immer auf einen Termin für die Aufnahme der Beitrittsgespräche. Eine jüngste Meinungsumfrage zeigte, dass die Bürger Mazedoniens den EU-Beitritt ihres Landes nicht vor 2015 erwarten.

Zum Abschluss besucht der finnische Diplomat noch Sarajevo, das auch 14 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs unter internationaler Überwachung steht. Die Nicht-Berücksichtigung Bosnien-Herzegowinas bei der Visa-Liberalisierung sorgt vor allem unter der bosniakischen Mehrheitsbevölkerung für große Enttäuschung. Viele bosnische Kroaten haben nämlich bereits kroatische Pässe, für die schon seit längerem keine Visapflicht mehr besteht. Für die bosnischen Serben tut sich durch die Aufhebung der Visapflicht für Serbien ein ähnlicher Weg auf.

Nach der kalten Dusche aus Brüssel haben sich die führenden bosnischen Politiker am 17. Juli bei einem Treffen mit dem Hohen Repräsentanten Valentin Inzko geeinigt, bis Oktober die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Visapflicht zu erfüllen.

Spindelegger und Frattini für Annäherung

Auch Außenminister Michael Spindelegger (V) und sein italienischer Amtskollegen Franco Frattini haben am 21. Juli bei einem bilateralen Gespräch in Rom den gemeinsamen Wille bekräftigt, die Annäherung des westlichen Balkanraums an die EU zu fördern. "Italien und Österreich sind sich vor allem darüber einig, dass die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens neu in Gang gesetzt werden sollen. Es ist wichtig, mit neuen Initiativen den Annäherungsprozess zur EU zu fördern", erklärte Frattini. Spindelegger versicherte, dass Österreich den italienischen Vorsatz einer neuen Initiative zur Förderung des Annäherungsprozesses des Westbalkans an die EU auch inhaltlich unterstützen werde.

Frattini wird als möglicher künftiger EU-Außenbeauftragter gehandelt, nachdem der langjährige Amtsinhaber Javier Solana für Herbst seinen Rückzug in Aussicht gestellt hat. Medienberichten zufolge hat auch Spindeleggers Vorgängerin Ursula Plassnik (V) gute Chancen auf diesen Posten, der nach Inkrafttreten des EU-Reformvertrags von Lissabon mit jenem des Vizepräsidenten in der Europäischen Kommission verbunden sein wird. "Wir haben das Thema der Nachfolge Solanas in Angriff genommen, aber nicht über Namen gesprochen. Hauptsache ist, dass die EU eine integrierte Außenpolitik hat", betonte Frattini.

Obwohl Spindelegger Frattini bereits öfters im europäischem Rahmen getroffen hat, handelt es sich um das erste formelle bilaterale Treffen der beiden Außenminister. "Die Beziehungen zwischen Italien und Österreich könnten sowohl in politischer, als auch in wirtschaftlicher Sicht nicht besser sein. Es gibt nichts daran zu verbessern", versicherte Frattini. Spindelegger war zwölf Jahre lang Leiter der italienisch-österreichischen Parlamentarier-Freundschaftsgesellschaft gewesen.

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