Iren stimmen über den EU-Vertrag von Lissabon ab

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Die EU hofft auf Irland: Zum zweiten Mal innerhalb von 16 Monaten stimmen die Iren am 2.10. über den Vertrag von Lissabon ab.

Gut 3 Mio. Wahlberechtigte sind aufgerufen, über das EU-Reformwerk und damit über die politische Zukunft der Europäischen Union mit ihren rund 500 Mio. Einwohnern zu entscheiden.

Fällt der Vertrag erneut durch, gilt die EU-Reform als gescheitert. Letzte Umfragen deuteten jedoch diesmal auf eine Zustimmung des Vertrags hin. Bei einem ersten Volksentscheid im Juni vergangenen Jahres hatten die Iren den Vertrag mit 53,4 % Nein-Stimmen durchfallen lassen und die EU in eine tiefe Krise gestürzt.

Die Regierung in Dublin hat im Falle eines erneuten Scheiterns ein drittes Referendum ausgeschlossen. Quer durch die politischen Lager warnten Politiker deshalb bis zuletzt vor einem zweiten Nein. Es sei ein "sehr entscheidender Tag für Europa", sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Günther Verheugen, dem Südwestrundfunk. Der irische Premierminister Brian Cowen erklärte, das Ergebnis werde die zukünftige Richtung des Landes und seine Stellung in Europa bestimmen.

Wahlergebnis am 3. Oktober

Die Wahllokale in den 43 Wahlkreisen bleiben bis 22 Uhr (23 MESZ) geöffnet. Die Auszählung beginnt am 3.10., mit dem Ergebnis wird am Samstagnachmittag gerechnet. Nach letzten Umfragen wollten dieses Mal 55 % für den Vertrag stimmen, es gab aber auch noch viele Unentschieden.

Zudem gingen Experten davon aus, dass viele Iren ihre Regierung in der Wirtschaftskrise mit dem Referendum abstrafen wollten. " Irland hat die Rezession besonders hart getroffen. Dies sehen viele jedoch auch als Grund, warum die Iren Schutz bei der EU suchen dürften. Die Vertrags-Befürworter hatten davor gewarnt, dass bei einem Nein Investoren fernbleiben und Arbeitsplätze vernichtet würden. Die Lissabon-Gegner sahen darin eine Angst-Kampagne und warnten vor einem europäischen Superstaat, bei dem Irland immer mehr an politischer Eigenständigkeit verliere.

Das Referendum in Irland ist am 2.10. nur schleppend angelaufen. In der Hauptstadt Dublin gingen bis um 10 Uhr (Ortszeit) im Durchschnitt 4,4 % der Wahlberechtigten zu der Volksabstimmung, in der zweitgrößten Stadt Cork waren es 5,0 %, berichtete der irische Fernsehsender RTE. In einem Wahlkreis in der nordwestlichen Grafschaft Sligo hatten bis 9 Uhr nur 14 von 650 Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Die Wahllokale in Irland sind allerdings bis 22 Uhr (23 Uhr MESZ) geöffnet.

Schwächere Nein-Kampagne

Der Vertrag von Lissabon soll die EU zu schnelleren Entscheidungen fähig machen und den nationalen Parlamenten sowie dem Europaparlament mehr Rechte geben. Alle großen Parteien, Wirtschaftsverbände und Prominente in Irland hatten die Menschen aufgerufen, mit Ja zu stimmen. Zwar formierte sich auch dieses Mal wieder eine Nein-Kampagne, jedoch nicht mehr mit der selben Kraft wie beim letzten Referendum.

Irland ist das einzige Land der EU, das per Verfassung die Bevölkerung über den Vertrag abstimmen lassen muss. Das Reformwerk kann nur mit Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedsstaaten wirksam werden. Um die Wähler gewogen zu machen, bekamen die Iren nach ihrem Nein zur zweiten Abstimmung Zugeständnisse aus Brüssel.

Von dem Votum in Irland hängt auch ab, ob Polen und Tschechien den Vertrag ratifizieren. Der polnische Präsident Lech Kaczynski will im Falle eines positiven Ausgangs des Referendums in Irland den EU-Reformvertrag nicht länger blockieren. Das kündigte Präsidentensprecher Pawel Wypych in der Zeitung "Dziennik Gazeta Prawna" an.

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