Kasachstans Bedeutung als wirtschaftlicher Akteur wächst

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Die größte der zentralasiatischen Republiken hat beim Abbau ihrer Energieressourcen und bei der Modernisierung ihrer Agrarproduktion große Pläne. "Wir exportieren in jede profitable Richtung", so die Maxime beim Öl- und Gasexport laut Außenminister Sadaubayev.

In Gesprächen mit europäischen Journalisten machen kasachische Regierungsmitglieder deutlich, dass man mit jeder Seite Energiegeschäfte machen will. "Wir betreiben Leitungen nach Russland, nach China ebenso wie Schiffsladungen über das Kaspische Meer nach Baku und weiter in die Türkei", erklärt Sadaubayev. Die Ölförderung von derzeit 75 Mio. t jährlich soll bis 2015 auf mehr als das Doppelte gesteigert werden. Erst kürzlich wurde eine neue Gas-Pipeline nach China eröffnet.

Verzweigtes Pipeline-Netz erwünscht

"Multiple Pipelines sind in unserem Interesse", formuliert es der Außenminister. In Astana weiß man um die eigene energiepolitische Bedeutung: "Kasachstan ist für Europas Konsumenten ein wichtiger Player bei der Versorgung geworden", so Sadaubayev. Auch zeichne sich sein Land durch "Verlässlichkeit und Vorausschaubarkeit" aus. Ebenso klar die Aussage von Wirtschaftsminister Kanat Sultanov: "Wir können unsere Energieressourcen überallhin verkaufen - über Nabucco an Russland, an China."

Kasachstan ist nach den Worten Sultanovs gut in die Weltwirtschaft integriert. Etliche Jahre habe man zehnprozentige Wachstumsraten verzeichnet. Dann sei die Bankenkrise gekommen, nicht zuletzt wegen der hohen Kreditabhängigkeit.
Mit Hilfe der internationalen Finanzinstitutionen seien 2002 und 2008 Anti-Krisen-Programme installiert worden. Das Wirtschaftswachstum schwächte sich ab, so der Minister, doch: "Es war eine sanfte Landung." Auf eine Wachstumsrate von 3 % 2008 folgte ein Jahr Nullwachstum und nun gehe es wieder aufwärts. Der Bankensektor sei stabilisiert.

3,3 % der weltweiten Öl- und Gasreserven

Tatsächlich gilt Kasachstan als aufstrebende regionale Großmacht. Die größte der ehemaligen zentralasiatischen Sowjet-Republiken verfügt über ein gewaltiges Energiereservoir - geschätzte 3,3 % der weltweiten Öl- und Gasreserven. Vom gigantischen Tengiz-Ölfeld wird Rohöl vor allem zum russischen Schwarzmeer-Hafen Noworossiysk gepumpt und gelangt von dort in Tankern auf die Weltmärkte. Das Offshore-Kashagan-Ölfeld zählt zu den 5 wichtigsten weltweit. Die kaspische Küste Kasachstans ist 2.000 km lang. Auch große Erdgasmengen lagern auf kasachischem Territorium.

Kein Wunder, dass sich die energiebedürftigen Staaten Lieferungen sichern wollen - Russland, China, die EU, die USA und die Türkei. Frankreichs Präsident Sarkozy unterzeichnete im Oktober in Astana Verträge im Umfang von 6 Mrd. Dollar. In Ankara unterschrieben kurz darauf die Staatschefs der Türkei und Kasachstans ein Abkommen, um kasachisches Öl und Gas nach Europa zu transportieren (Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline).

Ebenso reichlich vorhanden: Uran, Chrom und Mangan

Kasachstan hat energiepolitisch noch einen Pfeil im Köcher: Es verfügt über die zweitgrößten Uran-Reserven nach Australien. 2007 wurden mehr als 6.600 t des für die Nuklearenergie essenziellen Minerals produziert, 2008 8.525 t. Energieminister Sauat Mynbayev schätzt die diesjährige Jahresproduktion auf mehr als 11.000 t, 2010 sollen es über 15.000 sein. In Khorasan sollen zwei neue Uran-Bergwerke eröffnet werden. Auch bei Chrom ist Kasachstan der zweitgrößte Produzent der Welt, bei Mangan belegt es Rang 3.

Schließlich ist Kasachstan auch eine Kornkammer. Es verfügt laut Agrarministerium über Millionen Hektar Ackerland. Zu zwei Drittel wird Getreide, zu einem Drittel werden Futtermittel angebaut. 2006 lag Kasachstan mit einer Getreideproduktion von 19 Mio. t noch an 14. Stelle, inzwischen ist es in der Weltrangliste auf Platz 6 vorgerückt und unter den 5 wichtigsten Exporteuren. 27 Mio. t soll die heurige Ernte betragen, ein neuer Rekord.

Viehzucht und Weizen sind die Säulen der kasachischen Landwirtschaft, wie ein hoher Agrarbeamter vor Journalisten betont. Die nationale Agrar-Holding sei auf eine effiziente Gesetzgebung ausgerichtet, geplant sei eine weitere Staatsholding für Innovationen auf dem landwirtschaftlichen Sektor.

In der EU sieht das Agrarministerium einen wichtigen Außenhandelspartner. Getreide- und Fischexporte seien wegen der bestehenden Umweltauflagen "sicher". Der Anbau des für Biosprit wichtigen Raps habe Zukunft. Auf 6.000 ha werde derzeit Raps angebaut. Kasachstan plane, 200.000 ha Fläche bereitzustellen - auch als Option für den Anbau durch ausländische Staaten. Umweltprobleme werden vor allem am Aral-See eingeräumt; dies sei ein "politisches Problem" geworden, das nur grenzüberschreitend zu lösen sei.

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