Tabula rasa bei MAN: Mit Nutzfahrzeug-Chef Anton Weinmann verliert der Münchener Lkw- und Maschinenbaukonzern den dritten Vorstand innerhalb einer Woche. Weinmann lege seine Ämter "auf eigenen Wunsch" und mit sofortiger Wirkung nieder.
"Für mich steht das Wohl des Unternehmens im Vordergrund. Daher bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass ich einen personellen Neuanfang der MAN mittragen werde", erklärte der Manager, der dem Unternehmen mehr als 28 Jahre lang angehörte.
Zuvor hatte auch MAN-Chef Hakan Samuelsson seinen Posten geräumt und damit die Verantwortung für die Schmiergeld-Affäre übernommen, die den Konzern seit Mai erschüttert. Zudem kündigte Finanzvorstand Karlheinz Hornung seinen Rücktritt an. Auch Weinmanns Abgang hatte sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet.
Medienberichten zufolge wurden ihm und Hornung Versäumnisse bei der Aufarbeitung des Skandals angelastet. Zugleich war aber spekuliert worden, dass der mächtige VW- und MAN-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch die Affäre für einen personellen Neuanfang nutzt. Er will die Lkw-Allianz zwischen Volkswagen, MAN und dem schwedischen Lkw-Bauer Scania vorantreiben. Volkswagen ist größter MAN-Aktionär und hält mehr als 70 % der Stimmrechte bei Scania.
MAN steht nun mitten in der Flaute am Lastwagenmarkt ohne seine wichtigsten Führungskräfte da. Für Samuelsson war kommissarisch der Chef der Dieselmotoren-Sparte, Georg Pachta-Reyhofen, eingesprungen. Die Spekulationen um die Konsequenzen aus dem Korruptionsskandal dauern derweil an. Im Extremfall könnte die Affäre das Unternehmen bis zu 300 Mio. Euro kosten, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".
Das Unternehmen soll einen Bußgeldbescheid erhalten und Steuern nachzahlen. Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler habe das Unternehmen 2001-2007 in mehr als 20 Ländern Regierungen und Geschäftspartner bestochen, um Großaufträge vor allem für Busse, aber auch für Lastwagen zu erhalten.
Mit dem geplanten Bußgeld will die Staatsanwaltschaft die bei den illegal erlangten Aufträgen erzielten Gewinne abschöpfen, schrieb die "SZ". Diese könnten 200-250 Mio. Euro betragen. Der Konzern schätzt die Profite, die bei den durch Schmiergeldzahlungen erhaltenen Aufträgen erzielt worden sein sollen, deutlich niedriger ein. MAN will deshalb versuchen, ein milderes Bußgeld auszuhandeln.
Fragwürdige Zahlungen
Bereits am Wochenende hatte "Focus" berichtet, die internen Ermittler hätten bei MAN in 180 "Einzelkomplexen" fragwürdige Zahlungen von mehr als 100 Mio. Euro gefunden. Sie hätten Samuelsson zudem Aufsichtsversagen nachgewiesen. Demnach soll dieser bei einem Fall in Kasachstan dem damaligen Chef der MAN-Sparte Turbo nach Korruptionsvorwürfen seine Pensionsansprüche gelassen haben.
Arbeitnehmervertreter bedauerten Weinmanns Rückzug und zollten ihm für seine Entscheidung Respekt. "Für den Gesamtkonzern, die Nutzfahrzeugsparte und insbesondere für das Stammwerk in München bedeutet dieser Schritt einen herben Verlust", hieß es auf der Internetseite der IG Metall Bayern.
Auch Konzernbetriebsratschef Jürgen Dorn erklärte: "Die Mitbestimmungsgremien verlieren mit Herrn Weinmann nicht nur einen verlässlichen Verhandlungspartner, der sein gegebenes Wort hält. Mit Anton Weinmann verlässt auch ein Mensch das Unternehmen, der einen wichtigen Beitrag zu einer Verhandlungskultur auf Augenhöhe zwischen Vorstand und Arbeitnehmervertretern geleistet hat."