Sloweniens Wirtschaft von Krise schwer getroffen

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Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt sich zunehmend auf die slowenische Wirtschaft aus. Sie hat nicht nur die starke Exportabhängigkeit der kleinen Volkswirtschaft verdeutlicht, sondern auch tiefgreifende strukturelle und legislative Mängel aufgedeckt. In Schwierigkeiten stecken aber nicht nur die Exportunternehmen, die von der Weltrezession direkt betroffen sind, sondern auch Betriebe, die bisher als weitgehend krisenresistent gegolten hatten.

Die slowenischen Wirtschaftsdaten spiegeln die Rezession und Einbruch der Nachfrage in der EU wieder: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) brach im ersten Quartal 2009 um 8,5 Prozent ein, womit das Land auch offiziell in die Rezession stürzte. Die Exporte, bisheriger wichtigster Wachstumstreiber, gingen um ein Fünftel zurück. Das spiegelt sich auch am Arbeitsmarkt wider: Rund 9 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung sind ohne Job, mit über 86.000 Arbeitslosen im Juni steuert das Zwei-Millionen-Land auf die bis zum Jahresende befürchtete Arbeitslosenzahl von 100.000 zu. Um weiteren Stellenabbau abzuwenden, subventioniert der Staat Kurzarbeit und Zwangsurlaube in Unternehmen.

"Slowenische Unternehmen sind von der Krise betroffen, doch das bedeutet nicht, dass die slowenische Wirtschaft vor dem Kollaps steht", meint der Laibacher Wirtschaftsprofessor Maks Tajnikar. In der kleinen und sehr exportabhängigen slowenischen Volkswirtschaft seien die Ausschläge größer als in großen europäischen Ländern. "Der BIP-Rückgang war daher nicht ungewöhnlich oder unerwartet." In den Zeiten guter Konjunktur sei Slowenien überdurchschnittlich gewachsen, erklärt der Wirtschaftsexperte. Die Arbeitslosenzahlen seien nicht tragisch, die Bruttoauslandsverschuldung niedrig - obwohl sie in den letzten fünf Jahren von rund 15 Mrd. auf fast 40 Mrd. Euro gestiegen sei. Das Budgetdefizit werde heuer 5 Prozent des BIP ausmachen, doch im Vorjahr gab es noch einen Überschuss. "Alles im allem ist die slowenische Wirtschaft in einer recht guten Verfassung", beruhigt Tajnikar.

Von der Krise sind vor allem Exportunternehmen betroffen, so auch der Haushaltgerätehersteller Gorenje oder zahlreiche Autozulieferer. Die Exporte machen rund 70 Prozent des slowenischen BIP aus. Auch Unternehmen, die bisher von der Konjunktur auf den heimischen Markt profitiert haben, wie die Baufirmen, spüren die Auswirkungen der Krise deutlich. Angeschlagen sind auch jene Unternehmen, die es seit der politischen Wende im Jahr 1991 nicht geschafft haben eine tiefgreifende Umstrukturierung durchzuführen.

In Schwierigkeiten befinden sich aber auch Unternehmen, "die von der Krise gar nicht betroffen sein sollten", so Tajnikar. Dazu gehören der insolvente Mischkonzern Istrabenz sowie auch der größte slowenische Getränkekonzern Pivovarna Lasko. Der Energie-, Tourismus- und Nahrungsmittelkonzern Istrabenz steht mit einem Schuldenberg von rund 800 Mio. Euro vor einem Zwangsausgleich. Der Getränkekonzern scheint auf ähnliche finanzielle Schwierigkeiten hinzusteuern: Pivovarna Lasko und mit ihr verbundene Unternehmen haben laut Medienberichten über 900 Mio. Euro Schulden angehäuft und sind bei der Bedienung ihrer Schulden bereits unter Druck geraten.

"Schuld sind die Manager"

"Schuld daran sind die Manager, die versucht haben, die Unternehmen ohne einen Euro in der Tasche zu übernehmen", betonte Tajnikar. Für die Finanzierung der Übernahmen seien Kredite aufgenommen und mit Aktien dieser Unternehmen besichert worden. Um die Kredite zurückzahlen zu können, werden die Unternehmen nun ausgenommen und zusätzlich verschuldet. "In der jetzigen Situation halten das nicht einmal gesunde Unternehmen aus", erklärt der Wirtschaftsexperte.

Beim Energie-, Tourismus- und Nahrungsmittelkonzern Istrabenz kontrolliert der frühere Firmenchef Igor Bavcar, der auf Druck von Gläubigerbanken zurücktrat, indirekt ein Viertel des Unternehmens. Bavcars Unternehmen FB Investicije ist Mehrheitseigentümer der Investmentgesellschaft Maksima Holding, die mit knapp 26 Prozent der zweitgrößte Istrabenz-Eigentümer ist. Alle drei Unternehmen sind inzwischen insolvent. Unter Bavcar hatte Istrabenz sein Portfolio mit Anteilen an bedeutenden slowenischen Unternehmen bestückt, darunter die Handelskette Mercator, der Ölkonzern Petrol und der Nahrungsmittelhersteller Droga Kolinska. Durch gekündigte Repo-Geschäfte hat der Konzern allerdings einige Beteiligungen bereits an seine Gläubigerbanken, darunter auch österreichische, verloren. Andere wird er wahrscheinlich aufgeben müssen, um sich wieder auf die Beine stellen zu können.

Ein noch umfangreiches Geschäftsimperium hat sich Pivovarna-Lasko-Chef Bosko Srot geschaffen. Ihm gehört über ein komplexes Netz von Beteiligungen die Investmentgesellschaft Infond Holding, die mit 54 Prozent der Mehrheitsaktionär des Getränkekonzerns ist. Srot kontrolliert so nicht nur beinahe die gesamte slowenische Getränkeindustrie, sondern auch die größte Handelskette Mercator sowie auch einen Großteil der Medienlandschaft über die Verlagshäuser Delo und Vecer. Doch auch das Srot-Imperium wackelt: Der Infond Holding wurden bereits Beteiligungen an Mercator und Pivovarna Lasko einkassiert, mit denen sie einen 130-Millionen-Kredit besichert hatte, den sie nicht tilgen konnte. Der Pfandgläubiger, die Großbank Nova Ljubljanska banka (NLB), sucht nun Käufer für die Aktienpakete, um an ihr Geld zu kommen. Für eine heiße Debatte sorgt dabei der mögliche Verkauf von 10 Prozent an Mercator an einen ausländischen Käufer, dem die slowenische Politik nicht zugeneigt ist.

Durch die komplizierten gegenseitigen Firmenbeteiligungen in der slowenischen Wirtschaft schwappen die Schwierigkeiten eines Unternehmens auch auf andere Unternehmen über. Dies bekam der Ölkonzern Petrol zu spüren, der mit 33 Prozent an der insolventen Istrabenz beteiligt ist. Petrol musste die Beteiligung an Istrabenz bereits einige Male abwerten, was seinen Gewinn schmelzen ließ und das Unternehmen 2008 erstmals in seiner Geschichte in die roten Zahlen getrieben hat.

"Die Könige der Tycoons"

"Das Eigentum konzentriert sich in den Händen von etwa fünf Personen, was die slowenische Wirtschaft gegenüber dem Ausland abschottet. Dadurch wird das Wachstum zu wenig stimuliert und dem ausländischen Kapital der Zugang verwehrt", kritisiert Tajnikar und zeigt sich über diese "langfristigen Tendenzen" in der slowenischen Wirtschaft besorgt. Die slowenische Politik hat diesen sogenannten "Tycoons", die sie einst mit erschaffen hat, den Krieg angesagt. Mit dem Ausdruck "Tycoon" werden in Slowenien Manager bezeichnet, die auf meist dubiose Weise Management Buy-Outs (MBO) durchgeführt haben. Bavcar und Srot werden in den Medien "die Könige der Tycoons" genannt.

Doch anstatt die lückenhafte Gesetzgebung anzupacken, die den Aufstieg der Tycoons ermöglicht hat, will der slowenische Staat nun stärker in die Wirtschaft eingreifen. "Die jetzige Krise hat zu unsinnigen Wünschen nach einer stärkeren Einmischung des Staats in die Wirtschaft geführt", betonte Tajnikar. Dazu ist der Staat immer noch ein wichtiger direkter oder indirekter Eigentümer von slowenischen Großunternehmen, obwohl alle bisherigen Regierungen einen Rückzug angekündigt hatten.

So hat die Mitte-Links-Regierung jenen Banken, die milliardenschwere Hilfspakete erhalten haben, die Finanzierung von MBOs verboten. Die Fälle Istrabenz und Pivovarna Lasko werden von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter die Lupe genommen. Die Regierung hat außerdem ein staatliches Unternehmen gegründet, das von den Banken die als Pfand einkassierten Aktienpakete kaufen soll, um sie selbst zu verwalten bzw. zu verkaufen. Im Klartext bedeutet dies laut Tajnikar, dass der Staat die kritischen privaten Unternehmen verstaatlichen möchte, um sie zu retten, was bereits aus den 1990er Jahren bekannt ist.

Der Wirtschaftsprofessor Tajnikar sieht damit Slowenien in die erste Hälfte der 1990er Jahre zurückzukehren, "als ohne den Staat tatsächlich nichts ging. Bis zum vergangenen Jahr hatten wir uns mit der Frage beschäftigt, wie man den Staat wieder aus der Wirtschaft hinausdrängen kann."

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