Spanien will EU-Beitritt der Türkei vorantreiben

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Die spanische EU-Ratspräsidentschaft hat sich für eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union ausgesprochen. Das Land sei Teil eines für die politische Weltordnung und die Stabilität sehr wichtigen Projekts, sagte der spanische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident José Luis Rodríguez Zapatero nach einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan in Madrid.

"Wir haben uns schon immer zu diesem Beitritt bekannt", betonte der Sozialist Zapatero. Die Beitrittsverhandlungen mit Ankara müssten unumkehrbar gemacht werden. Zapatero äußerte die Hoffnung, dass unter spanischem EU-Vorsitz bis Ende Juni vier Verhandlungsbereiche mit der Türkei eröffnet werden können, darunter Bildung, Infrastruktur und Energie.

Die Beitrittsverhandlungen mit Ankara sind in insgesamt 35 Bereiche ("Kapitel") unterteilt. Davon sind bisher zwölf geöffnet und erst eines geschlossen worden. Nach Ansicht Spaniens hat die Türkei ihren Willen bewiesen, die von ihr verlangten Reformen umzusetzen. Allerdings müsse es Fortschritte in Bereichen wie Menschenrechten, Justiz und Gleichberechtigung der Frau geben. Auch müsse die Zypern-Frage gelöst werden.

Erdogan kritisiert Berlin und Paris

Erdogan hat am 22. Februar in Madrid das Verhalten von Deutschland und Frankreich bei den türkischen EU-Beitrittsverhandlungen stark kritisiert. "Einige Staaten wollen mitten im Spiel die Spielregeln ändern und verlangen von uns Auflagen, die nicht einmal in den EU-Beitrittsnormen stehen. Das geht nicht", erklärte der türkische Premier auf einem Wirtschaftsforum in Madrid. Von keinem EU-Beitrittskandidaten werde so viel verlangt wie von der Türkei. Man habe einen klaren Demokratisierung- und Fortschrittsprozess eingeleitet, so Erdogan, der sich zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Spanien befindet.

Die Türkei werde der EU als Mitglied keine neuen Lasten aufbürden, sondern Lasten übernehmen, versicherte Erdogan und wies dabei erneut Vorschläge aus der Europäischen Union für eine Anbindung der Türkei an die EU ohne Vollmitgliedschaft als "inakzeptabel" zurück. Sein Land werde sich nicht mit einer "halben Mitgliedschaft" zufriedengeben, so Erdogan.

Die Türkei setzt bei den schwierigen EU-Beitrittsverhandlungen vor allem auf die Hilfe Spaniens. "Ich hoffe, dass es mit den großen Anstrengungen Spaniens schon bald Fortschritte bei den Beitrittsverhandlung zur Europäischen Union gibt", erklärte der türkische Premier. Spanien, das bis Ende Juni die EU-Ratspräsidentschaft innehat, machte das Vorantreiben der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu einem Schwerpunkt seines halbjährigen EU-Vorsitzes. Spanien gilt in der EU als einer der größten Fürsprecher des türkischen EU-Beitritts.

Türkei als große Chance für EU

Bereits vor einigen Tagen erklärte Spaniens Außenminister Miguel Angel Moratinos im Gespräch mit ausländischen Journalisten, dass der Beitritt der Türkei eine große Chance für die Europäische Union sei. Bisher habe sich jede EU-Erweiterung als positiv herausgestellt. Die spanische EU-Ratspräsidentschaft will bis Juni vier neue Verhandlungskapitel öffnen. Bisher sind von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln zwölf eröffnet worden, und davon ist nur eines abgeschlossen. In Madrid warb Erdogan unterdessen für die Bereicherung, die sein Land auch als "Brücke zum Orient und zur islamischen Welt" für die EU darstellen könne.

Die seit 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen mit Ankara sind zum Teil wegen der Weigerung der Türkei, ihre Häfen für das EU-Mitgliedsland Zypern zu öffnen, weitgehend blockiert. Spaniens Außenminister Moratinos zeigte sich optimistisch, dass Verhandlungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten über eine Lösung des Konflikts bis Juni gefunden werden kann.

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