Streit um EU-Kommissar belastet estnische Regierung

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Die Frage, wer Estland in der nächsten EU-Kommission als Kommissar vertreten wird, ist zu einer Belastungsprobe für die Regierung in Tallinn geworden. Eine der beiden Regierungsparteien, das nationalistische Bündnis IRL, hatte zu Wochenbeginn dem bisherigen EU-Kommissar Siim Kallas die Unterstützung versagt.

Der derzeitige Vize-Kommissionspräsident und EU-Verwaltungskommissar Kallas ist ehemaliger Chef der Reformpartei von Ministerpräsident Andrus Ansip. Am 1.9. lehnte IRL-Chef Mart Laar ab, selbst als EU-Kommissar zu kandidieren.

Seine Partei brachte den früheren Justizkanzler (eine Art Verfassungs-Aufpasser für die Regierung) Allar Joks als Kandidaten ins Spiel, der aber bei der Reformpartei auf wenig Gegenliebe stößt. Außenminister Urmas Paet, ebenfalls von der Reformpartei, beschuldigte den Regierungspartner, mit seiner widerspenstigen Haltung die "Interessen Estlands" zu unterminieren.

Stabilität gefährdet

Der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, Jüri Pihl, warnte die Regierung am 2.9. davor, wegen des Streits über die Nennung eines Kommissionskandidaten ihre Stabilität aufs Spiel zu setzen. Die größte Oppositionskraft, die Zentrumspartei, brachte mit ihrem Vize-Chef und Ex-Innenminister Ain Seppik gleich einen neuen Kandidaten ins Spiel.

Seppik sagte, seine Kandidatur sei angesichts der Kräfteverhältnisse im EU-Parlament "vollkommen natürlich". Die Zentrumspartei ging bei den EU-Wahlen in Estland als Siegerin hervor und stellt seither in Brüssel als einzige estnische Partei zwei Abgeordnete.

Reformpartei und IRL regieren seit dem Ausscheiden der Sozialdemokraten wegen Meinungsverschiedenheiten über die Budgetpolitik im Frühjahr mit Hilfe der ideologisch weiter links stehenden Volksunion. Die Budgetverhandlungen für 2010 werden in Estland mit Spannung erwartet. Das Land gehört zu jenen EU-Mitgliedern, die mittelfristig die schlechtesten Konjunkturaussichten haben.

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