Tschechien prüft Klage gegen Lissabon-Vertrag

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Der tschechische VfGH in Brno wird sich mit dem am 29.9. eingereichten Prüfantrag gegen den EU-Reformvertrag vorrangig befassen.

"Bereits drei Stunden nach Erhalt des Prüfantrags berief der Vorsitzende des Verfassungsgerichtshofs, Pavel Rychetsky, das Plenum ein. Dieses beschloss, dass der Prüfantrag außerordentlich und nicht nach der normalen Reihenfolge behandelt wird", bestätigt der VfGH-Sprecher Tomas Langasek.

Der genaue Termin der Beurteilung der Beschwerde von 17 Senatoren, die meisten von der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), wurde zunächst nicht festgelegt. Laut Langasek wollen die Richter dem Prüfantrag eine "außerordentliche Aufmerksamkeit" schenken, weil sie sich bewusst seien, dass nun die "Augen ganz Europas" auf sie gerichtet seien

Bisher gab es in Tschechien Befürchtungen, dass die Beurteilung des seit langem avisierten Prüfantrags mehrere Monate dauern könnte. Die Behandlung der ersten Klage gegen den Lissabon-Vertrag 2008 hatte sieben Monate gedauert. Damals hatten die Kritiker des Dokuments nur einige seine Aspekte angefochten, allerdings wiesen die Richter die Beschwerde ab. Der jetzige Prüfantrag stellt das Dokument als Ganzes infrage.

EU "internationale Organisation" oder "Suprastaat"

Laut dem Leiter der Beschwerdeführer, Jiri Oberfalzer (ODS), solle der Verfassungsgerichtshof jetzt "klar sagen", ob die EU eine internationale Organisation oder ein "Suprastaat" sei. Falls sie sich als "Suprastaat" bezeichne, wäre eine eventuelle Übertragung von Vollmachten des tschechischen Staates an die EU verfassungswidrig.

Laut tschechischer Verfassung könne man die Kompetenzen nicht an einen anderen Staat übertragen. Eine weitere umstrittene Frage sei die Position des Europäischen Gerichtshofes, der das Recht habe, die Bestimmungen und Regeln der EU zu interpretieren. Die Beschwerdeführer wollen klären lassen, ob es möglich wäre, den tschechischen Verfassungsgerichtshof mittels des Europäischen Gerichtshofes zu umgehen.

Das Verdikt des Verfassungsgerichtshofs sowie dessen Zeitpunkt sind wichtig, weil Staatspräsident Vaclav Klaus, der den Lissabon-Vertrag stark kritisiert, das Dokument noch nicht ratifiziert hat. Er hatte gesagt, er wolle die Entscheidung der Verfassungsrichter sowie die wiederholte Volksabstimmung in Irland (2.10.) abwarten. Er wolle "der letzte in Europa" sein, der seine Entscheidung hinsichtlich des Dokuments fällen werde.

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