Tschechien überlegt Sondergesetz zu Temelin

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Tschechien wird möglicherweise ein Sondergesetz zum südböhmischen Atomkraftwerk Temelin verabschieden. Laut der Zeitung "Hospodarske noviny" ist dies eines der Szenarios der CEZ, um den möglichen Sieg des vom russischen Atomstrojexport angeführten Konsortiums in der laufenden Ausschreibung für den Ausbau des AKW zu verhindern.

Laut den geltenden tschechischen Gesetzen besteht laut dem Blatt die Gefahr, dass der Staat fast keinen Einfluss auf das Auswahlverfahren haben wird, was einigen Politikern nicht gefällt. Es gebe Befürchtungen, dass im Fall des Sieges von Atomstrojexport die schon jetzt hohe Energieabhängigkeit Tschechiens von Russland noch größer würde.

Daniel Benes, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von CEZ, sagte, das derzeitige Gesetz über öffentlichen Aufträge, nach dem der Lieferant der Technologie ausgewählt werde, ermögliche nicht, dass die außen- und sicherheitspolitischen Interessen des Landes berücksichtigt würden. Man könnte das Problem auch so lösen, dass die Regierung den Auftrag von Temelin einfach von diesem Gesetzes ausnehme.

Frage der nationalen Sicherheit

Auch der tschechische Beauftragte für Energiesicherheit, Vaclav Bartuska, sieht eine Lex Temelin als "eine der Möglichkeiten". Es wäre ein "legitimer Vorgang", so Bartiska. Jeder Staat habe das Recht, ein Gesetz zu verabschieden, wenn es um die nationale Sicherheit gehe. Tschechien ist jetzt zu drei Vierteln vom russischen Gas und zu zwei Dritteln vom russischen Öl abhängig. Außerdem liefert die russische Firma TVEL die Brennstäbe für das südmährische Atomkraftwerk Dukovany, und ab 2010 wird TVEL auch die bestehenden beiden Blöcke in Temelin versorgen.

Zwar ist der Ausbau Temelins offiziell noch nicht beschlossen, allerdings wird er in Tschechien praktisch als abgemachte Sache betrachtet. Seit 2008 läuft eine Umweltverträglichkeitsprüfung für dieses Projekt. Kürzlich wurde die Annahme der Bewerbungen für den Ausbau beendet, wobei es 3 Interessenten gibt: den US-Konzern Westinghouse, der sich bereits am Bau der beiden bestehenden Reaktoren in Temelin beteiligt hatte, die französische Areva und die russischen Atomstrojexport.

Mit der Inbetriebnahme der beiden zusätzlichen Blöcke in Temelin wird gegen 2020 gerechnet. Der offizielle Beschluss zur Errichtung wird höchstwahrscheinlich Sache jener Regierung sein, die aus den Parlamentswahlen im Mai 2010 hervorgeht.

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