Tschechien würde mit Euro "nicht besser dastehen"

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Hätte Tschechien 2001 den Euro eingeführt, würde das Land heute nicht besser dastehen, zeigte sich Tuma überzeugt. Angesichts der engen Verflechtung der tschechischen Wirtschaft mit der EU und der Euro-Zone seien die Perspektiven aber von der europäischen Konjunkturentwicklung abhängig.

Die europäische Gemeinschaftswährung biete keine Lösung für strukturelle Probleme, etwa im Pensions- und Gesundheitssystem, sagte Tuma. Sowohl für als auch gegen einen Beitritt zur Euro-Zone gebe es Argumente: Für den Euro spreche die Währungsstabilisierung durch Integration in den Euro-Raum, gegen ihn die Möglichkeit einer unabhängigen Geldpolitik.

Dass die Slowakei den Euro eingeführt habe und Tschechien nicht, sieht der Notenbankchef auch in der unterschiedlichen Größe der beiden Wirtschaftsgebiete begründet: Die Slowakei sei kleiner und daher sei ihre Währung stärkeren Kursschwankungen am Markt ausgesetzt gewesen. Während in der Slowakei der politische Wille zur Euro-Einführung stark gewesen sei, fehle dieser in Tschechien.

Defizit weit über Maastricht-Marke

Die Diskussion über einen Euro-Beitritt sei jedoch angesichts der derzeitigen ökonomischen Situation eine "akademische Frage": Zu Jahresende werde das tschechische Defizit zwischen 6 und 7 % des BIP erreichen, 2010 könnte es dann durch ein Sparpaket auf 5 % sinken. Die Maastricht-Marke von 3 % des BIP werde jedenfalls überschritten.

Tschechien leide zwar unter der Wirtschaftskrise, der Bankensektor sei aber "ziemlich robust", betonte der Notenbankchef. Die Banken seien großteils in ausländischer Hand, die tschechischen Töchter der ausländischen Banken hätten keine oder kaum Spekulationsgeschäfte gemacht. Die Bankenaufsicht wurde 2006 in die Nationalbank integriert, dieses Modell habe große Vorteile, da alle Informationen innerhalb eines Gebäudes konzentriert sei.

Stabilisierend habe sich auch der geringe Anteil von Fremdwährungskrediten ausgewirkt. Dass die Tschechen kaum derartige Kredite aufgenommen haben, erklärt Tuma mit den niedrigen Zinsen. So sei der Anreiz, von der tschechischen Krone in Schweizer Franken oder Euro auszuweichen, nicht groß gewesen. Vielleicht gebe es aber auch Gründe jenseits der Wirtschaft, die die Tschechen von Fremdwährungen fernhielten, mutmaßte er, die Nationalbank habe jedenfalls keine Weisung erteilt. Angst vor Deflation hat der Notenbank-Chef derzeit nicht, nur wenn die globale Erholung nicht komme, werde Deflation zu einer echten Gefahr.

Furcht vor Teuerungswelle durch Euro

Für einen Beitritt Tschechiens zur Euro-Zone gebe es derzeit keinen festen Termin, berichtete der stellvertretende tschechische Finanzminister Bohdan Hejduk. Das werde wohl die im Mai kommenden Jahres zu wählende Regierung entscheiden. Gründe für die Verzögerung seien auch die unterschiedlichen Meinungen dazu im Lande: Die Gegner - laut Hejduk eine starke Gruppe, darunter die Leitung der Nationalbank - würden eine Teuerungswelle befürchten sowie Schwierigkeiten beim Umgang mit der neuen Währung.

Dem würden die Befürworter entgegenhalten, dass bei der Trennung der CSSR in Tschechien und die Slowakei auch eine Währungstrennung erfolgt und diese problemlos erfolgt sei. Menschen, die ins Ausland reisen sowie im Außenhandel tätig sind, seien für die Euro-Einführung. Jedenfalls werde die Entwicklung in der Slowakei verfolgt, die den Beitritt zur Euro-Zone bereits vollzogen hat.

Als Zeitpunkt, sich einen Euro-Beitritt zu überlegen, sei 2013 genannt worden, schilderte Hejduk. Bis dahin sollte das tschechische Budgetdefizit wieder unter 3 % gesunken sein, wo es in den vergangenen 3 Jahren war und damit den Maastricht-Kriterien genügen.

Derzeit schaut es allerdings nicht danach aus: Das Defizit könnte bis Jahresende auf 6,6 % steigen, die Staatsschulden von zuletzt 30 auf 40 % des BIP. Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosenquote könnte nächstes Jahr auf über 10 Prozent steigen, die Steuereinnahmen sind gesunken.

Die derzeit amtierende Beamten- und Experten-Regierung habe der Stabilisierung der Finanzen Vorrang vor einer Ankurbelung der Konjunktur gegeben. Unter anderem sehe der Sparplan eine von Gewerkschaften und einzelnen Parteien kritisierte Verringerung der Gehälter für die rund 500.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst um 4 % sowie unter Verweis auf die niedrige Inflation keine Valorisierung der Pensionen vor sowie Steuererhöhungen, unter anderem bei der Mehrwertsteuer.

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