Trotz eines sehr unterschiedlichen Bildes in Osteuropa kann das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) in seiner jüngsten Prognose auch Gemeinsamkeiten der Entwicklung herausfiltern: Die Rezession verlief im Osten im allgemeinen tiefer als im Westen, ab 2010 wird eine langsame Erholung erwartet.
"Das Schlimmste haben wir wohl hinter uns", meinte WIIW-Experte Petr Havlik. Insgesamt wird die Region durch die Krise um einige Jahre zurückgeworfen, der Aufholprozess zu Westeuropa wird nun länger dauern.
Weder eine EU-Mitgliedschaft noch die teils flexiblen Wechselkurse konnten für die jeweiligen Länder die Rezession deutlich abfedern. Am Schlimmsten getroffen wurde das Baltikum, das sich angesichts auch 2010 und 2011 voraussichtlich schrumpfender bzw. stagnierender Wirtschaft in einer echten Depression befindet. Belastend wirken dort die fixen Wechselkurse, die den Spielraum massiv einschränken. Die drakonischen Einschnitte bei den Staatsausgaben und die Sparmaßnahmen werfen das Baltikum weiter zurück.
Erst 2012 wieder Wachstum in der EU
Das WIIW prognostiziert für die 10 neuen EU-Mitgliedsstaaten in CEE heuer eine Schrumpfung von durchschnittlich 4 %, 2010 soll die Wirtschaft dann mit 0,1 % minimal wachsen und 2011 mit 2,4 % wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren. Für Lettland und Litauen werden heuer fast 20 % Schrumpfung und 2010 weitere 9 % BIP-Rückgang erwartet.
Besser schneidet Polen ab, wo sogar im Krisenjahr 2009 ein leichtes Wachstum von 0,8 % und 2010 dann 1,5 % Zuwachs erzielt werden sollen. Tschechien mit -3,5 % 2009 und 0,5 % Wachstum 2010 steht deutlich besser da als Ungarn, wo mit -6,5 % heuer und Stagnation (0 % Wachstum) 2010 die Krise wesentlich schärfer zuschlägt. Auch die Slowakei mit 5 % BIP-Schrumpfung heuer und Stagnation 2010 fällt deutlich zurück.
Die Ukraine stürzt heuer zwar um 13,5 % ab, soll sich laut den WIIW-Experten jedoch 2010 wieder mit leichtem Wachstum zurückmelden. In Russland waren die zur Stützung der Konjunktur ergriffenen Maßnahmen laut WIIW sehr ineffizient, daher wird die Schrumpfung heuer 6,4 % erreichen. Schon 2010 soll sich die russische Wirtschaft aber wieder mit 3,8 % BIP-Zuwachs kräftig zurückmelden. Als hilfreich werden von den Wirtschaftsexperten der Rohstoffreichtum und die Stahlproduktion dieser Länder eingestuft.
Arbeitslosigkeit steigt auch 2010 weiter
Die Arbeitslosigkeit wird in den meisten Ländern auch 2010 noch weiter steigen, für 2011 werden jedoch wieder Rückgänge prognostiziert. Um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren würden in Westeuropa Wachstumsraten von über 2 %, in Osteuropa sogar von rund 3,5 % gebraucht, erläuterte WIIW-Direktor Michael Landesmann.
Die Krise sei schnell und unerwartet von außen gekommen, der Kapitalzufluss von außen sei stark eingeschränkt worden. Die Ursachen für den Wirtschaftskollaps seien in den einzelnen Ländern dann unterschiedlich gewesen: Weder exzessive Finanzspekulationen noch übermäßig viele faule Kredite habe es in der Region gegeben, erläuterte WIIW-Experte Havlik. Im Baltikum, Ungarn, der Ukraine, Bulgarien, Rumänien und Kasachstan seien vorher jedoch schon Immobilienblasen und viele Fremdwährungskredite vorhanden gewesen.
Wachstumstreiber für den Aufschwung können nun laut WIIW die Exporte, die Konsumausgaben der Bevölkerung und die Investitionsentwicklung sein. Angesichts der Krise rechnen die Experten mittelfristig mit einer höheren Sparquote, obwohl gerade in schlechteren Zeiten die Konsumausgaben trotz geringerer Einkommen zunächst stabil bleiben.