Nicht notwendige Reisen sollen unterlassen werden - Anschober prüft ''Raustest''-Pflicht aus Tiroler Regionen.
Innsbruck. Das mittlerweile erbitterte Ringen um verschärfte Corona-Maßnahmen in Tirol geht mit einiger Heftigkeit weiter. Sah es untertags noch danach aus, als würde der Bund sich mit einem nicht gerade spektakulären Aktionsplan des Landes zufrieden geben, verschärfte am Abend Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Gangart wieder. Er lässt prüfen, ob man sich aus bestimmten Tiroler Regionen heraustesten muss.
Hintergrund ist die in Tirol mittlerweile über 200 mal festgestellte südafrikanische Virus-Variante, die nicht nur als ansteckender gilt sondern auch einige Impfstoffe weniger wirksam machen könnte. In Tirol verweist man seit Tagen darauf, dass die Fall-Inzidenz im Land keine Isolationen oder ähnliches hergeben würde.
Der Bund sieht das anders, rang sich aber am Montag zu nicht mehr als einer Reisewarnung durch, die nur Appellcharakter hat. Anschober begründete dies am Abend damit, dass es rechtlich nicht so leicht wäre, beispielsweise Quarantäne-Maßnahmen zu verordnen. Daher würden die besten Juristen am Dienstag in seinem Auftrag beraten, was man tun könne.
Minister hätte sich lückenlose Testungen erwartet
Der Minister legte auch dar, was man sich von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) erwartet hätte, nämlich lückenlose Testungen in den besonders betroffenen Gebieten, womit wohl der Bezirk Schwaz gemeint ist. Da Platter hier die Verantwortung nicht wahrgenommen habe, müsse man schauen, wie man das durchsetzen könne. Anschober sieht hier als Möglichkeit, dass man sich bei der Ausreise aus einer Risiko-Region "heraustesten" muss.
Ein Einsehen der Tiroler Landespolitik ist nicht zu erwarten. Platter stieß sich am Abend sogar am Begriff der Reisewarnung, habe der entsprechende Appell ja eigentlich gar keine Auswirkung. Der Tiroler Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl (ÖVP) sprach in der ORF-Sendung "Tirol heute" gleich von einem "Rülpser aus Wien". Viel entscheidender seien für Tirol ohnehin Reisewarnungen aus den Hauptmärkten, also Deutschland und den Niederlanden.
Platter war am Montag vor dem Bund in die mediale Offensive gegangen und hatten ein eigenes Maßnahmenpaket präsentiert. Dieses beinhaltet unter anderem einen Aufruf an die Bevölkerung zur allgemeinen Mobilitätseinschränkung, flächendeckende PCR-Tests in Bezirken mit hoher Sieben-Tages-Inzidenz sowie die Vorschreibung von negativen Antigen-Tests für die Seilbahn-Benützung. Selbst das zu erreichen, dürfte kein Kinderspiel gewesen sein. Es sei ein großes Stück Arbeit gewesen, dass diese Testregelung durchgesetzt wurde, berichtete Anschober.
Land wendet sich an Innenministerium
In einem weiteren Punkt wendet sich das Land unterdessen mit der Bitte um Unterstützung an Innenministerium und Verteidigungsministerium - und zwar für strenge Kontrollen der Grenzen im Zuge der verschärften Einreiseverordnung und verschärfte Kontrollen zur Einhaltung der Covid-Maßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandsregeln und Ausgangsbeschränkungen durch die Polizei. Die Reaktion von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) folgte prompt. Sie kündigte an, ab Mittwoch 150 Soldaten an der Staatsgrenze in Tirol im Einsatz zu haben.
Das an Osttirol grenzende Kärnten reagierte am Montag auf die Reisewarnung und die damit verbundenen Empfehlungen. So werden drei zusätzliche Teststraßen insbesondere für Berufspendler in Oberkärnten eingerichtet. Wie Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in einer Aussendung sagte, werden die Teststraßen in den Gemeinden Lesachtal, Winklern und Oberdrauburg "raschestmöglich" mit Hilfe des Österreichischen Bundesheeres organisiert. Von Reisen nach Tirol riet Kaiser ab.
Die NEOS verbanden die heutigen Vorgänge wenig überraschend mit politischer Kritik am Bundeskanzler. Sie sei eine "Placebo-Politik eines führungsschwachen Bundeskanzlers", meinte Gesundheitssprecher Gerald Loacker: "Eine unverbindliche Reisewarnung ohne Folgen hilft niemandem weiter." Dass der Kanzler im Konflikt mit seinem Parteifreund Platter Anschober den Vortritt lässt, ist SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher aufgefallen: "Monatelang inszenierte er sich als Kapitän eines Schiffes, aber kaum gibt es parteiinternen Gegenwind, gibt er das Ruder außer Hand und versteckt sich unter Deck."