Coronavirus

''Dramatische Situation'' an Vorarlbergs Spitälern

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Man sehe sich zu drastischen Schritten gezwungen und müsse den Regelbetrieb weiter einschränken.

Die große Zahl von Corona-Patienten könnte bald die Kapazitätsgrenzen der Vorarlberger Spitäler übersteigen. Die Situation sei "dramatisch", so die Verantwortlichen. Man sehe sich zu drastischen Schritten gezwungen und müsse den Regelbetrieb weiter einschränken. Man konzentriere sich nun ausschließlich auf Notfallmedizin und die Versorgung von Covid-19-Patienten, Triage in den kommenden Tagen sei "nicht auszuschließen".

In Vorarlberg sind von den von 51 auf 63 aufgestockten Intensivbetten derzeit 46 belegt, 35 davon mit Covid-19-Patienten. Davon müssten 20 beatmet werden. Damit stünden noch 17 Intensivbetten für alle Patienten zur Verfügung, informierten die Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) und das Stadtspital am Freitag bei einer Pressekonferenz. Gerald Fleisch, Leiter der KHBG, der intensivmedizinische Koordinator Wolfgang List und Intensivpfleger Jakob Köb appellierten neuerlich an die Bevölkerung, sich an die Sicherheits- und Hygienemaßnahmen zu halten und einen Beitrag zum Absinken der Fallzahlen zu leisten.

"Es sind äußerst dunkle Wolken, eine stürmische Zeit", beschrieb Fleisch die "Wetterlage" an den Spitälern. "Spitalzahlen sind nicht diskutierbar. Sie sind ein untrügliches und objektives Zeichen für die Dramatik dieser Covid-Phase", betonte er. Derzeit werden in Vorarlberg 183 Corona-Erkrankte stationär betreut, für Fleisch "eine erschreckende Zahl", zumal mit einer weiteren Zunahme zu rechnen sei. 284 der 432 Normalbetten seien für die Behandlung von Covid-19-Patienten noch verfügbar. 16 Personen konnten am Freitag entlassen werden. 220 Spitalmitarbeiter sind derzeit SARS-CoV-2-positiv oder in Quarantäne. Teilweise seien Stationen auf den Spitälern gesperrt, weil Mitarbeiter fehlten.

Es müsse daher nun der Regelbetrieb weiter zurückgefahren werden, Operationen würden auf das nötige Mindestmaß eingeschränkt. "Es betrifft jetzt alle", betonte Fleisch. Wenn nächste Woche ein Verkehrsunfall mit mehreren Polytraumen geschehe, könnte es sein, dass das System an seine Grenzen stoße, verdeutlichte er. Die Mitarbeiter leisteten derzeit "Unglaubliches", man bitte auch für sie um Solidarität. Die Sicherheit, dass das Gesundheitswesen für jeden da sein werde, "kann es in wenigen Tagen nicht mehr geben", warnte Fleisch. Die Vorarlberger müssten sich nun einen "g'höriga Ruck" geben. Eine Prognose wagte er nicht, die Lage sei "hochlabil, kann jederzeit kippen".

Laut Wolfgang List sind nach wie vor hauptsächlich ältere Patienten mit Begleiterkrankungen auf den Vorarlberger Intensivstationen. Die Patienten kämen geschwächt und mit Atemnot ins Spital, wo man alles versuche, die Sauerstoffzufuhr ins Blut zu verbessern. Sei es medikamentös, per Atemmaske oder über invasive Beatmung. "Wir können aber nach wie vor kein Wundermedikament bieten", erinnerte List. Sei eine invasive Beatmung nötig, erfordere das sehr kompetentes Personal, um nicht noch mehr Schaden anzurichten. Manche Patienten hätten sehr lange Verläufe mit intensivstationären Aufenthalten von 40, 50 Tagen.

Das habe Auswirkungen auf die Ressourcen und daher rührten auch die Befürchtungen der Intensivmediziner österreichweit. "Wir könnten schon im November an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen", warnte List. Vor einer Triage stehe noch die Bitte um Hilfe aus dem Ausland, da aber auch die Nachbarländer derzeit in ähnlicher Lage seien, könnte eine Behandlung dort höchstens für Einzelfälle eine Lösung sein. Einen Wechsel in die "Katastrophenmedizin" wolle niemand, auch wenn man sich bereits seit dem Frühjahr in enger Zusammenarbeit aller auf diese Möglichkeit vorbereite. Man müsse alles tun, um das zu verhindern, appellierte List. Hier sei jeder Einzelne gefragt.

Einen Eindruck in die Intensivpflege eines Covid-19-Patienten und die angespannte Lage gab Pfleger Jakob Köb. Er berichtete von den Strapazen des stundenlangen Arbeitens in voller Schutzausrüstung. "Jeder Toilettengang, jedes Nasekratzen wird zum kleinen Problem", so Köb. Für das Intensivpersonal bedeute die Lage zusätzliche Dienste, die das Familienleben belasteten. Die Covid-19-Patienten kämpften mit Atemnot und Angst, mit der sie zumeist ohne Angehörige zurechtkommen müssten, betreut nur von völlig vermummten Personen. Die Kommunikation sei eingeschränkt. "Gerade Ältere driften oft in eine Verwirrtheit ab, sie wehren sich gegen die Behandlung, versuchen, sich die Maske herunterzureißen", schilderte Köb. Eine dann nötige invasive Beatmung bedeute einen steinigen Weg mit ungewissem Ausgang.

 

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