"Funken Hoffnung"

Ex-Kanzler Kurz für schnelle Verhandlungen im Ukraine-Krieg

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Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) plädiert dafür, im Ukraine-Krieg möglichst schnell zu Verhandlungen zu kommen.  

Er sehe "einen Funken Hoffnung", dass Gespräche zwischen der Ukraine und Russland im Rahmen des Istanbuler Prozesses zu einer positiven Dynamik führen könnten, so Kurz in einem Interview mit dem Schweizer Boulevardzeitung "Blick" (Samstag). Selbstkritik über den Umgang Europas mit Russland in der Vergangenheit übte er nicht.

"Einfache Lösung gibt es nicht"

"Eine einfache Lösung gibt es nicht. Die Situation ist viel zu verfahren. Die gute Nachricht: Noch jeder Krieg hat irgendwann mit Verhandlungen geendet", sagt der frühere Kanzler, der nach eigenen Angaben Kontakt zu Politikern in der Ukraine und auch nach wie vor Gesprächspartner auf russischer Seite hat. Zugleich meinte er zu einem möglichen Kompromiss, die Ukraine habe eine Recht auf ihre territoriale Souveränität und brauche keine "Tipps von außen", so Kurz.

Auf die Frage, ob Europa Russland gegenüber in der Vergangenheit naiv gewesen sei, meinte Kurz: "Ich habe viel darüber nachgedacht und frage mich: Selbst wenn Europa viel aggressiver gegen Russland aufgetreten wäre - vielleicht hätte das die Entstehung des Konflikts nicht verhindert, sondern beschleunigt: Wir wissen das nicht." Er kenne jedenfalls niemanden, der diesen Angriffskrieg in diesem Ausmaß vorhergesehen habe. "Ich glaube, es war richtig, dass Europa so lange als möglich versucht hat, den Dialog zu suchen."

In Bezug auf die österreichische Neutralität sprach sich Kurz gemäß ÖVP-Linie für die Unterscheidung zwischen militärischer und politischer Neutralität aus. Österreich und die Schweiz hätten als Brückenbauer und Ort für Gespräche "für die Welt Großes geleistet und den Dialog gefördert", so der Ex-Kanzler. Waffenlieferungen an die Ukraine schloss er auch für die Zukunft aus.

Wundern über Kurz' Aussagen zu Kriegsende durch Verhandeln 

Aussagen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Interview mit dem Schweizer Boulevardblatt "Blick" zur Lage in der Ukraine, wonach noch jeder Krieg irgendwann mit Verhandlungen geendet habe, sorgten am Samstag für Verwunderung.

So stellte etwa Militär-Analyst Gerald Karner auf Twitter simpel fest: "Wenn man einen eingebildeten Ungebildeten die Welt erklären lässt. Der Zweite Weltkrieg endete mit einer bedingungslosen Kapitulation."

"Eine einfache Lösung gibt es nicht. Die Situation ist viel zu verfahren", hatte Kurz in dem Interview u.a. gesagt. "Doch die gute Nachricht: Noch jeder Krieg hat irgendwann mit Verhandlungen geendet", so der frühere Kanzler. Das wollten etliche Beobachter des politischen Geschehens nicht so stehen lassen. Die Schriftstellerin Julya Rabinowich twitterte, "mit Hitler wurde ja vorzüglich verhandelt!" NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter zwitscherte ebenfalls: "Man kann erst jetzt draufkommen, dass Kurz ungebildet ist. Konnte aber auch schon früher auffallen."

Die Politologin und Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic erklärte auf Twitter: "Nein, nicht jeder Krieg endete mit Verhandlungen. Wenn er schon 2014 gewusst hat, was Putin denkt, wieso wurde er als Außenminister nicht aktiv?" Einige Social Media-Nutzer posteten ein einfaches "Nein". Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried landete einen Vergleich mit 1944: "Zumindest die Alliierten kamen nicht in die Normandie um zu verhandeln." Andere führten etwa die Kriege im ehemaligen Jugoslawien, am Golf und in Afghanistan ins Treffen.

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