Es wäre jedoch 'verantwortungslos', sofort alles hochzufahren, denn dies würde dazu führen, dass die Pandemiekurve auf unkontrollierte Weise steigt, sagte Italiens Premier Conte.
Rom. Die italienische Regierung will noch vor Ende dieser Woche ihren Plan für den Beginn der sogenannten "Phase 2" vorstellen, in der mehrere Produktionstätigkeiten wieder aufgenommen sollen und die Ausgangssperre gelockert werden soll. Die neue Phase solle am 4. Mai beginnen, kündigte Premier Giuseppe Conte am Dienstag auf Facebook an.
"Viele Bürger fordern eine beträchtliche Lockerung der Maßnahmen oder deren totale Abschaffung. Dazu gibt es die Bedürfnisse der Unternehmen und des Handels, die so rasch wie möglich neu starten wollen", schrieb Conte. Es wäre jedoch "verantwortungslos" sofort alles hochzufahren, denn dies würde dazu führen, dass die Pandemiekurve auf unkontrollierte Weise steigt. "Dies würde all die Opfer zunichtemachen, die wir bisher zusammen geleistet haben", meinte der parteilose Premier.
Strukturierter Plan für Lockerungen
Die Lockerung der Vorsichtsmaßnahmen müsse aufgrund eines strukturierten Plans erfolgen, der unter anderem die Öffnungszeiten von Büros und Geschäfte sowie das öffentliche Transportwesen berücksichtigt. "Wir werden aufgrund eines gesamtstaatlichen Programms handeln, das jedoch die regionalen Eigenschaften berücksichtigt", sagte Conte.
Unterschiedliches Handeln in den 20 italienischen Regionen werde er nicht zulassen. "Wir müssen geschlossen sein und den Gemeinschaftssinn bewahren. Das ist unsere Stärke", sagte der seit Juni 2018 amtierende Regierungschef.
Genau zwei Monate nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie am 20. Februar ist die Zahl der neuen Covid-19-Infizierten in Italien gesunken. Die Zahl der aktuell Infizierten lag bei 108.237. 454 Todesfälle wurden am Montag innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Damit stieg die Gesamtzahl der Verstorbenen seit Beginn der Ausbreitung der Pandemie in Italien auf 24.114, teilte der italienische Zivilschutz am Montagabend mit.
Italien rüstet sich für Alltag in "Phase 2"
Italien rüstet sich für die "Phase 2" mit einer Lockerung der Corona-Pandemie-Ausgangssperre nach dem 3. Mai. Vorgesehen ist ein schrittweises Hochfahren produktiver Tätigkeiten, dabei soll stets auf soziale Distanzierung geachtet werden. Obwohl die Wiedereröffnung der Lokale immer noch nicht in Sicht ist, arbeitet die Gastronomie bereits am Neustart und setzt dabei auf Kreativität.
Ein auf Produktion von Werbeplakaten spezialisiertes Unternehmen in Palermo hat Trennschutzwände aus Plexiglas entworfen, die in Restaurants, Pizzerien und anderen Lokalen das Ansteckungsrisiko minimieren sollen. 1,3 Meter hoch sind die Scheiben, die zwischen den Tischen aufgestellt werden können. "Plexiglas ist zwar teuer, ist jedoch ideal, um die Tische in Restaurants und Büros zu trennen. Da sie durchsichtig sind, belasten sie das Ambiente im Lokal nicht zu stark ", sagte Sergio Rocca, Gründer der Gesellschaft "Visiva Marketing Tools" in Palermo.
Rocca hat sich mit dem Verband der Restaurantinhaber in Verbindung gesetzt, um die Trennwände in den noch geschlossenen Lokalen zu testen. "Wir müssen in Hinblick auf die Wiedereröffnung gut vorbereitet sein. Wir wissen zwar noch nicht, wann das sein wird, doch wir wollen keine Zeit verlieren", sagte Antonio Cottone, Präsident des Verbands der Lokalinhaber in Palermo.
Stoßzeiten sollen vermieden werden
In der "Phase 2" prüft die Regierung die Möglichkeit, die Arbeitszeiten in Betrieben, Büros und öffentlichen Ämtern zu verlängern und auf sieben Tage der Woche zu verteilen. Dadurch sollen Stoßzeiten mit großem Menschenandrang vermieden werden. Dies erfordert aber ein radikales Umdenken bei der Organisation des öffentlichen Transportsystems. Die lombardische Bahngesellschaft Trenord prüft die Möglichkeit, nur jeden zweiten oder dritten Sitzplatz zu besetzen. Aufkleber sollen darauf hinweisen, welche Plätze besetzt werden dürfen. Der Zugang zu Bahnhöfen und Zügen soll so geregelt werden, dass es zu keinen Menschenansammlungen kommt.
Kinder werden in "Phase 2" voraussichtlich auch im Freien Atemschutz und Handschuhe tragen müssen. "Wir müssen die Kinder daran gewöhnen", warnte Familienministerin Elena Bonetti. Die seit dem 5. März geschlossenen Schulen, Kindergärten und Universitäten werden erst im September wieder geöffnet.
Zwei Monate nach Beginn der Epidemie im Norden des Landes sinkt erstmals die Zahl neuer Infektionen in Italien. In vier Regionen wurden keine Todesopfer mehr gemeldet. In weiteren zehn der insgesamt 20 italienischen Regionen lag die Zahl der Verstorbenen bei weniger als zehn. Premier Giuseppe Conte kündigte am Dienstag an, dass er bis Ende dieser Woche seine Pläne für eine Auflockerung der Ausgangssperre ab 4. Mai vorstellen wird.