Coronavirus

Karte zeigt unsere Bewegungen während der Corona-Krise

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Auf der interaktiven Karte können sich alle Österreicher ansehen, wie sich ihre Mobilität im Vergleich zur Zeit vor der Epidemie entwickelt hat.

Wien. Die Verwendung von Mobilfunkdaten, um nachvollziehen zu können, ob sich der Aktionsradius der Bürger infolge der Maßnahmen zur sozialen Distanzierung einschränkt, wird kontrovers diskutiert. In Österreich liefern unter anderem das Telekomunternehmen "A1" und das Grazer Unternehmen "Invenium" täglich anonymisierte Analysen an den Krisenstab. Hier zeige sich ein stabiler Mobilitätsrückgang. Auf der interaktiven Karte können sich alle Österreicher ansehen, wie sich ihre Mobilität im Vergleich zur Zeit vor der Epidemie entwickelt hat.

 
Bei den anonymisierten Bewegungsstromanalysen, die der Krisenstab erhält, handle es sich "per se um nichts Neues", sagte Mario Mayerthaler, Head of Innovation bei A1, in einem Hintergrundgespräch. In Zusammenarbeit mit der Firma Invenium, einem Spin Off der Technischen Universität (TU) Graz, biete man das Produkt, auf dem die Auswertungen beruhen, bereits seit drei Jahren am Markt an. Untersucht werden damit etwa Personenströme im Tourismus oder in der Verkehrsplanung. Solche Services böten andere Telekom-Unternehmen auch und die Anonymisierung sei DSGVO-konform und durch den TÜV überprüft, betonte Mayerthaler.
 
Grob gesagt, gehen in die bereits mit Interpretationen versehenen täglichen Analysen die Information darüber ein, welche Mobiltelefone sich über die SIM-Karte über den Tag verteilt an welchen Handymasten einwählen. Die Grunddaten bleiben zu jeder Zeit bei A1. Jedes Handy bekomme eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen. Diese Nummern werden alle 24 Stunden neu vergeben. "Man trennt einen vom anderen Tag", sagte der Verkehrswissenschafter Michael Cik von Invenium: "Wir haben keine Möglichkeit auf die Stammdaten der Kunden zuzugreifen." Eine nachträgliche persönliche Zuordnung sei de facto unmöglich, schon gar nicht über Tage hinweg.

Es handelt sich nicht um GPS-Daten

Wichtig sei, dass es sich hier nicht um GPS-Daten handle, so Cik. "Wir haben nicht die Möglichkeit einzelne Straßenzüge genau einzuschätzen", in ländlichen Gebieten, wo einzelne Mobilfunkmasten deutlich weitere Gebiete abdecken, ist die Genauigkeit nochmals reduziert. Hier gebe es einen "großen Unterschied zu anderen Ländern", sagte Mayerthaler. China arbeite mit personalisiertem Bewegungsprofiling etwa mittels sehr genauem GPS-Tracking. "Das ist mit unserem Rechtsstaat nicht vereinbar", so Mayerthaler: "Wir tun und wollen das auch nicht." Die hierzulande genutzten Mobilfunkdaten seien zwar nicht so genau, erlauben aber Prognosen.
 
Diese Informationen nützt auch das Rote Kreuz. Die Analysen zur Veränderung der Mobilität seien ein "guter, evidenzbasierter Frühindikator", sagte Patrick Hasler vom Roten Kreuz. Sehe man beispielsweise, dass die Maßnahmen keine Verhaltensänderung bewirken, kann man in der Kommunikation rasch reagieren. Man würde dann weniger auf Informationen zum richtigen und vermehrten Händewaschen setzen, sondern mehr in Richtung physische Kontakteinschränkung argumentieren. Bisher gelte: "Die Menschen in Österreich halten sich in außergewöhnlichem Maß an die Maßnahmen", sagte Hasler.

Kein Eingriff in Grund- oder Menschenrchte

Der Völkerrechtler und Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte (BIM) in Wien, Michael Lysander Fremuth, hat sich in einer aktuellen Analyse der bisherigen Maßnahmen zu Eindämmung der Coronakrise auch mit dem Vorgehen in Österreich bezüglich Handydaten auseinandergesetzt. "Die Weitergabe von (tatsächlich) anonymisierten Nutzerdaten durch Mobilfunkanbieter wie A1 oder die Deutsche Telekom auch an öffentliche Stellen zur Auswertung des Bewegungsverhaltens einer nicht individualisierte Menschenmenge ist als solche noch kein Eingriff in Grund- oder Menschenrechte", so sein Fazit.
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