Coronavirus

„Will lernen!“ Schüler schreibt Wut-Brief an Faßmann

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In einem Brief an Bildungsminister Faßmann berichtet ein Schüler von seinen Homeschooling-Erfahrngen und macht seinem Ärger Luft

Nachdem Wien und Niederösterreich heute den Lockdown verlängert haben, dürfen die Schüler erst am 26.4. wieder in die Klassen. Bis dahin heißt es wieder: Home-Schooling. Doch immer noch fehle es an einem durchdachten Homeschooling-Angebot, meint der HLW-Schüler Thomas Notiz. In einem offenen Brief an Bildungsminister Faßmann macht er seinem Ärger Luft: "Ich finde es erschreckend, dass in einem Erste-Welt-Land es nicht möglich ist, online unterrichtet zu werden. Die Schulbehörden hatten bisher ein Jahr Zeit, sich darauf vorzubereiten, und passiert ist nichts. Ein Acht-Punkte-Programm bis 2024 ist zwar recht nett, aber wir wollen jetzt lernen", schreibt der Schüler. 

In einigen Homeschoolong-Phasen seien die Schüler der HLW Wr. Neustadt weniger als die Hälfte der vorgesehenen Stunden unterrichtet worden, heißt es in dem Brief. Und: Während des Schichtbetriebes fand an den sogenannten "Online-Tagen" gar kein Unterricht statt.

Der Brief an Minister Faßmann im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Faßmann, wo bleibt das versprochene Homeschooling-Angebot!

Im August 2020 haben Sie in einem Interview versprochen, „dass es zu regionalen Schulschließungen nur dann kommt, wenn es gleichzeitig auch für alle Kinder, die von den coronabedingten Schließungen betroffen sind, ein passendes Homeschooling-Angebot gibt."
Nun haben wir mittlerweile einige Perioden des Homeschooling erlebt, bei denen weniger als die Hälfte der vorgesehenen Stunden unterrichtet wurde (siehe beigelegte Bilder). Darüber hinaus war die Situation beim sog. Schichtbetrieb, dass von vorgesehenen fünf Schultagen pro Woche letztlich drei übrigblieben, zwei Präsenztage und ein Onlinetag. An den Tagen, an denen die andere Gruppe Präsenztage hatte, fand für die Zu-Hause-Gebliebenen kein Unterricht statt. Ich finde es erschreckend, dass wir in Österreich eines der teuersten Bildungssysteme der Welt haben, aber es dennoch nicht möglich ist, normalen Unterricht online stattfinden zu lassen. Ich besuche derzeit die vierte Klasse HLW in Wr. Neustadt. Nachdem ich nicht mehr schulpflichtig bin, also das Bildungsangebot für mich persönlich und meine Zukunft in Anspruch nehme und dafür auch noch bezahle, ist es mir wichtig, so viel wie möglich zu lernen. Nun habe ich im Mai dieses Jahres die Abschlussprüfung im Kochen und Service, trotzdem wir bis jetzt nur zwei Kochstunden hatten bis jetzt. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, entweder wird bei der Prüfung nur das verlangt, was wir gelernt haben, dann ist sie nichts wert, oder es kommt der gesamte Stoff, dann ist sie nicht zu schaffen, weil wir es einfach nicht gelernt haben. Dasselbe gilt für die im nächsten Jahr für mich stattfindende Matura. Wird nur das geprüft, was wir tatsächlich gelernt haben (und keiner weiß, wieviel das noch sein wird in der gegebenen Situation), dann kann man diese Matura nicht ernst nehmen, oder es wird der normale Stoff geprüft, dann ist sie nicht bewältigbar.

Ich finde es erschreckend, dass in einem Erste-Welt-Land es nicht möglich ist, online unterrichtet zu werden. Die Schulbehörden hatten bisher ein Jahr Zeit, sich darauf vorzubereiten, und passiert ist nichts. Ein Acht-Punkte-Programm bis 2024 ist zwar recht nett, aber wir wollen jetzt lernen.

Mit freundlichen Grüßen,
ein zutiefst enttäuschter, da lernbereiter Schüler,
Thomas Noitz
  

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