"Big Data" gut oder schlecht?

Handy-Überwachung spaltet Corona-Bekämpfer

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Müssen Datenschutz und Anonymität auch in Pandemie-Zeiten gewahrt bleiben?

Bei der Verwendung von Big-Data-Auswertungen zur Abwendung von Infektionswellen gibt es unterschiedliche Meinungen. Beim Kampf gegen das Coronavirus sollte mit "Maß und Ziel" vorgegangen, findet die heimische Ärztekammer (ÖAK). Zudem müsse die Anonymität gewahrt bleiben, sagte Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der ÖÄK in einer Aussendung. Es gibt aber auch andere Meinungen. Wir haben einmal einige nationale und internationale Ansichten und Maßnahmen zusammengefasst.
 
 

Kein Deckmantel

"Der Datenschutz muss gewahrt werden und nicht unter dem Deckmantel der medizinischen Notwendigkeit bei der ersten Gelegenheit über Bord geworfen werden", warnte Harald Mayer. Es sei wichtig, infrastrukturkritische Bereiche, und dazu gehörten auch die Spitäler, zu schützen. Daher sei auch der Ausbau der Testungen zu begrüßen: "Damit können wir die Ausbreitung eindämmen."
 
 

Gesundheit gehe vor

Wie berichtet, übermitteln Magenta und A1 Bewegunsstromanalysen auf Basis anonymisierter Handydaten an die heimische Regierung. Das Rote Kreuz hat wiederum die " Stopp Corona "-App gelauncht, die jedoch auf Freiwilligkeit basiert.  Die Nutzung von Big Data im Kampf gegen das Coronavirus ist laut dem Datenschutzexperten Viktor Mayer-Schönberger zulässig. "Die Datenschutzgrundverordnung, die in Österreich und in der gesamten Europäischen Union gilt, sagt ganz klar: Gesundheit geht vor, Leben retten ist wichtiger als Datenschutz hochhalten", sagte der Experte im Ö1-Frühjournal am Montagmorgen.
 
 

Ausnahmesituation

Der österreichische Rechtswissenschafter und Datenschutzexperte am Oxford Internet Institute erklärte, dass die Frage "ganz sachlich und differenziert" betrachtet werden müsse: Es handle sich um eine Ausnahmesituation. "Jetzt muss der Datenschutz ein wenig zurücktreten." Wichtig sei, dass nach dem Ende der Coronakrise alle Daten wieder gelöscht werden. Das seien "Maßnahmen im Katastrophenfall: man verwendet sie nur im Katastrophenfall und nicht, wenn der Katastrophenfall wieder vorbei ist", so Mayer-Schönberger.
 
 

Andere Länder setzen auf totale Überwachung

Zahlreiche Länder setzen auf neue Technologien im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. Die chinesischen Technologie-Riesen Alibaba und Tencent etwa haben Handy-Anwendungen entwickelt, die auf Basis von Bewegungs- und Interaktionsprofilen das Risiko einer Infizierung mit dem Virus bewerten und farblich darstellen. In mehreren Städten müssen sich Menschen mittlerweile mit dieser App nach dem Ampelprinzip "ausweisen", um etwa die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu dürfen. Auch Taiwan, Südkorea, Singapur oder Hongkong kontrollieren die Bewegungsprofile der Handybenutzer und ob sich Menschen in Quarantäne an die Auflagen halten. In Israel ist es dem Inlandsgeheimdienst Shin Bet erlaubt, alle Bewegungsdaten sämtliche Handynutzer auszuwerten.
 
 

Datenschützer schlagen Alarm

Derartige Maßnahmen lassen bei europäischen Datenschützern freilich die Alarmglocken klingeln. Das sind nämlich drastische Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hatte in Interviews versichert, dass keine "individuelle Überwachung" von Bürgern angedacht sei. Davor hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Nutzung von Big Data angedeutet. 

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