Autor im ÖSTERREICH-Interview

Heute startet das Jobs-Buch

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Die Bio über den verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs sprengt alle Rekorde.

Steve Jobs bricht auch nach seinem Tod alle Rekorde: Die elektronische Version seiner Biografie ist das meistheruntergeladene Sachbuch aller Zeiten. Die US-Startauflage beträgt 1,2 Millionen Stück, heute landen die 250.000 deutschen Versionen (Bertelsmann) im Handel. In Südkorea verkaufte ein einziger Laden 7000 Exemplare am ersten Tag. Jobs’ Leben inspiriert die ganze Welt.

ÖSTERREICH-Interview
Autor Isaacson führte mit Jobs 40 Interviews, enthüllte erstmals das Leben des scheuen Tech-Zauberers. Isaacson gab ÖSTERREICH-Reporter Herbert Bauer­nebel eines von ganz wenigen Interviews. Die wichtigsten Passagen des Buchs:

  • In seinen letzten Lebenswochen arbeitete Jobs, so die Bio, noch am nächsten Wunderprodukt, dem Apple-TV. Er habe das „Rezept gefunden“, erzählte Jobs, „TV-Apparate in einfache, elegante Geräte zu verwandeln“. Vor allem soll das Internet endlich praktikabel integriert werden. Es wird bereits über einen Verkaufsstart 2012 spekuliert.
  • Jobs war ein eifriger Berater von US-Präsidenten: Er mochte Barack Obama, doch er ermahnte ihn, dass er „die Wahl verlieren würde“, sollte er nicht aggressiver die Probleme angehen.
  • Den iPad kreierte Jobs, nachdem ihn ein Microsoft-Mitarbeiter mit der Prahlerei über die Entwicklung eines „revolutionären Tablet-PCs“ nervte. Jobs dachte sich: „Fuck it! Ich zeige denen, wie ein Tablet aussehen soll!“ 39,8 Millionen iPads wurden bisher verkauft.
  • Jobs’ berühmter Jähzorn galt vielen: Medienmogul Rupert Murdochs rechten TV-Kanal Fox News nannte Jobs eine „zerstörerische Kraft in unserer Gesellschaft“. Google drohte er mit dem „Nuklearkrieg“ wegen des Abkupferns von Apples Mobil-Software.

Beim Inhalt des Buches mischte sich Jobs nicht ein – das einzige, was er änderte, war das Cover.

"Steve war sehr emotional, er weinte sehr oft"

ÖSTERREICH: Wie war Steve Jobs als Mensch: Nett? Arrogant?
Isaacson: Intensiv! Er konnte charmant wie ekelhaft sein, aber immer leidenschaftlich. Die meisten Interviews passierten während langer Spaziergänge. Das liebte Jobs: Er redete wie aufgezogen, gestikulierte mit den Armen. Sympathisch eigentlich.

ÖSTERREICH: Wie sah sein Zuhause aus?
Isaacson: Es ist ein ganz normales Haus wie jedes in der Nachbarschaft, ein schönes, in den Dreißigern errichtetes Gebäude, nichts pompöses jedoch. Jobs lebte in keinem Hightech-House, normaler Flatpanel-TV, iPads und iPhones, wie in vielen Familien.  Es gab kaum Sicherheitsvorkehrungen: Man konnte in den Garten gehen, die Türe zur Küche war nicht einmal verschlossen. Dort hielt er sich die meiste Zeit mit seiner Familie auf. Er war ein guter Ehemann und Vater, auch wenn er wegen all der harten Arbeit oft wenig Zeit hatte. Doch er zog großartige Kinder auf, die ihn liebten.

ÖSTERREICH: Hatte er ein Lieblings-Gadget?
Isaacson: Am meisten hantierte er mit seinem iPhone. Am iPad hörte er seine Lieblingsmusik, die Beatles, Bob Dylan, aber auch Bach, Yo-Yo Ma. Er hatte eine große Leidenschaft für Musik. Und Jobs war sehr emotional. Er weinte, wenn er etwas Schönes sah. Wenn er über seine Frau sprach, kullerten ihm Tränen über die Wangen.

ÖSTERREICH: Warum dachte er schon vor seinem Krebs, dass er jung sterben werde?
Isaacson: Er studierte die Lehre des Buddhismus, dass unser Leben eine Reise ist, die nicht ewig dauert. Er glaubte, dass wir alle Teil des langen Stromes der Geschichte sind, doch nur für eine kurze Zeit auf diesem Planeten. Er war auch deshalb getrieben, wollte so viel wie möglich erreichen, hinterlassen für künftige Generationen. Er nannte den Gedanken, dass wir nicht ewig leben, gar „befreiend“.

ÖSTERREICH: Er verweigerte neun Monate lang die Operation seines Krebstumors, trank lieber Fruchtsäfte...
Isaacson: Hier kollidierten zwei seiner Denkweisen tragisch: Die rebellische, die Suche nach alternativer Heilung, mit dem Glauben an die Wissenschaft, die Medizin. Er vergeudete Zeit. Er bereute es später bitter. Als er operiert wurde, hatte sich der Krebs schon ausgebreitet. Doch dann wurde sein beispielloser Krebskampf Teil seiner Hinterlassenschaft:  Er ließ seine DNA entschlüsseln, wollte mit maßgeschneiderten Behandlungen und für die Medizin pionierhaften Techniken stets der Metastasen-Bildung voraus sein. Und er lebte länger als jemals denkbar schien. Es war ein Wunder. Und seine Initiative für innovative Medizin und die Expertise der weltbesten Koryphäen könnte die Krebsforschung vorangebracht haben. Auch wenn ihn selbst der Krebs letztlich besiegte. Selbst Wochen vor seinem Tod war er noch hoffnungsvoll: Er dachte, das ihn im letzten Moment noch ein neues Medikament, eine experimentelle Methode retten könnte. Er hoffte auf ein neues „Lilienblatt“, wie er es nannte, auf das er sich retten konnte. Als ich ihn zum letzten Mal sah war er dünn, sehr schwach, doch sein Verstand weiter scharf, sein Optimismus ungebrochen.

ÖSTERREICH: Äußerte er jemals die Sorge, dass Apple ohne ihn abstürzen könnte?
Isaacson: Er sah Apple selbst als größte Schöpfung seiner Karriere, eine Firma, die Bestand haben wird, die in ihren genetischen Code die Kombination von Kunst und Technologie implementiert hat. Er war hart als Boss, doch dadurch zog er ein Team an „A-Players“, wie er sie nannte, heran. Tim Cook ist ein toller Firmenführer, Jony Ive ein kreatives Genie. Doch bei seiner Abschiedsrede machte er sich auch Sorgen: Er nannte den Abstieg von „Hewlett Packard“, der einst „großartigen Firma“, wie er sagte, auch als Warnsignal für Apple. Doch Jobs hoffte, dass er sein Erfolgs-DNA derart gut implementierte, dass Apple so ein Schicksal erspart bliebe. Die Hits der letzten Jahre zeigen, dass hier ein einzigartige Symbiose geschaffen wurde zwischen den Visionen kreativer Menschen gepaart mit der Fähigkeit, sie in einzigartigen Produkte umzusetzen.

ÖSTERREICH: Woran arbeitete er zuletzt?
Isaacson: Meist an dem neuen Headquarter, das Teil seines langfristigen Erbes sein sollte: Ein Arbeitsplatz, der Kreativität und Teamgeist fördert.

ÖSTERREICH: Er warnte Obama, dass der nur eine Amtszeit schaffen würde...
Isaacson: Er mochte Obama, doch mahnte ein, aggressiver beim Umkrempeln des Landes zu sein. Er wollte, dass Obama Erfolg hat. Er bot sogar an, für ihn politische Werbungen zu kreieren.

ÖSTERREICH: Würde Jobs sich der „Occupy“-Bewegung anschließen?
Isaacson: Er war politisch schwer einzuordnen, Politisieren gehörte nicht zu seinem Lieblingsbeschäftigungen: Bildungsreform war eines seiner wichtigsten Anliegen.
 
ÖSTERREICH: Jobs traf seinen biologischen Vater Abdulfattah Jandali mehrmals in dessen Restaurant, ohne zu wissen, wer er war. Als er seine Identität herausfand und sich schlau machte über Jandali, wollte er ihn nicht mehr treffen. Warum?
Isaacson: Jobs hasste, dass er seine Schwester Mona und seine Mutter verlassen hatte. Jemand, der so etwas tut, habe seinen Respekt nicht verdient, urteilte er. Selbst am Ende seines Lebens weigerte er sich. Ich fragte ihn mehrmals danach. Die Antwort war immer gleich: „Es gibt für mich keinen Grund, ihn zu treffen...“

ÖSTERREICH: Jobs war ein Rebell als Kind und Teenager, nannte LSD einmal die wichtigste Erfahrung seines Lebens. Wie sehr prägte ihn seine Jugend?
Isaacson: Am wichtigsten scheint die Bindung zu seinem Adoptivvater, Paul Jobs, einem Mechaniker, der aus ihm auch einen guten Handwerker machte. Der lehrte ihm, dass auch unsichtbare Teile das beste Design und die höchste Qualität aufweisen sollten. Seine Reise in den indischen „Ashram“ prägte ebenso: Das hätte ihm zur „Intuition“ verholfen. Und das LSD bot einzigartige Einblicke bei der Suche nach Schönheit. Doch einfach war der junge Jobs nicht: Als er bei Attari arbeitete, beschwerten sich Kollegen über seinen üblen Körpergeruch. Er behauptete, wegen seiner Vegan-Diät nicht duschen zu müssen. Sie ließen ihn dann nur mehr die Nachtschichten machen...  

ÖSTERREICH: Trotz seiner Such nach er inneren Ruhe durch den Zen-Buddhimus: Warum war er so aufbrausend, so gemein?
Isaacson: Er glaubte, nur mit Härte Star-Players für sein Team erschaffen zu können. Er konnte Mittelmaß nicht ausstehen, er war ein Perfektionist. Er gab zu: „Es gibt sanftere Methoden, doch so bin ich nicht gestrickt, ich will das beste Team“. Apples Erfolg bedurfte einem getriebenen Perfektionisten wie Jobs. Auch wenn er mitunter ein schrecklicher Manager war, ständig alles auf den Kopf stellte. Deshalb flog er in den Achtzigern aus seiner eigenen Firma.
 
ÖSTERREICH: Kümmerte er sich um Expertenmeinungen?
Isaacson: Einmal erlebte ich ihn sehr frustriert: Er hatte gerade das iPad vorgestellt und die Reaktionen waren gemischt. Er stand mit seiner Familie um den Küchentisch, schien genervt, dass viele seine Visionen des iPad nicht verstanden. Natürlich lachte er zuletzt: Nach dem Verkaufsstart überschlugen sich alle mit Lob.

H. Bauernebel
New York

 

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