Mehrere Verfahren gegen den chinesischen Online-Riesen laufen in der EU.
Das Internet gilt mittlerweile als der zentrale Ort der Radikalisierung. Vor allem auf TikTok erfreuen sich salafistische und jihadistische Influencer und Prediger einer immer größeren Beliebtheit. Die für ihre Tanzvideos bekannte und besonders bei Jugendlichen beliebte Plattform stellt die EU schon seit langem vor große Herausforderungen.
Der chinesische Online-Riese soll möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstoßen haben, hieß es mehrmals.
Strafen drohen
Der sogenannte Digital Services Act ist seit Mitte 2023 in Kraft und soll Onlinefirmen dazu zwingen, stärker gegen illegale und hetzerische Inhalte im Internet vorzugehen. Manipulative Praktiken ("dark patterns"), die Nutzende zu Käufen verleiten sollen, werden verboten. Außerdem sollen diese mehr Einfluss und Einsicht bekommen, welche Werbeanzeigen ihnen angezeigt werden sowie warum. Gezielt auf Kinder ausgerichtete Werbung oder solche, die auf sensiblen Daten wie Religion, Geschlecht oder politischen Meinungen basiert, wird ebenfalls verboten. Sollten die Konzerne die Vorgaben nicht einhalten, droht ihnen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Was als illegaler Inhalt gilt, regelt der DSA hingegen nicht. Das wird von anderen EU- oder nationalen Gesetzen festgelegt. Im letzteren Fall müssen die Plattformen den Inhalt auch nur in den betroffenen Ländern löschen oder verstecken bzw. melden. Online-Firmen mit weniger als 50 Beschäftigten und weniger als zehn Millionen Euro Jahresumsatz sind nicht vom DSA betroffen. Für 22 von der EU-Kommission als besonders große Online-Plattformen bezeichnete Unternehmen, darunter TikTok, gelten zudem noch strengere Auflagen.
Verfahren gegen TikTok
Doch TikTok bereitet der EU schon länger Bauchweh. Gegen den Online-Riesen wurden mehrmals Verfahren eingeleitet. Vor rund einem Jahr etwa prüfte die EU-Kommission etwa, ob TikTok genug gegen die Verbreitung illegaler Inhalte unternimmt und etwa beim Jugendschutz, und Werbetransparenz gegen EU-Regeln verstoßen hat. Zuvor ging es unter anderem um Hinweise auf illegale und irreführende Beiträge zum Gaza-Krieg auf der Plattform.
Aus Sicht europäischer Politiker verhält sich TikTok auch nicht konstruktiv. So beklagte die NEOS-Europaabgeordnete Anna Stürgkh unlängst, man habe Vertreter von TikTok zu einem Hearing ins Europaparlament eingeladen und dort "weder Respekt noch Informationen" erhalten. "Wenn der dritte Zwerg von links kommt und keine Antworten gibt", so Stürgkh, "müssen wir zu anderen Mitteln greifen". Sie plädierte dafür, den DSA zu nutzen. Natürlich gelte es immer auch, die Meinungsfreiheit zu verteidigen, "aber Meinungsfreiheit ist nicht Narrenfreiheit".
Alarm nach Präsidentenwahl in Rumänien
Die im Dezember annullierte Präsidentenwahl in Rumänien hat die Europäer zusätzlich alarmiert. Die EU wirft der TikTok vor, bei der Präsidentschaftswahl in Rumänien im November den rechtsextremen, pro-russischen Kandidaten Calin Georgescu mittels der Algorithmen einseitig beworben zu haben. Georgescu hatte überraschend die erste Wahlrunde Ende November gewonnen. Das rumänische Verfassungsgericht erklärte die Wahl danach für ungültig - wegen des Verdachts russischer Einmischung.