"Keiner hat Scheu vor Kalamari, aber jedem graust vor Schnecken"
- Diesen schlechten Ruf wollen Weinbergschnecken-Züchter Andreas Gugmuck und österreichische Spitzenköche ändern: Das Fleisch ist "weder zäh noch schleimig, sondern zart mit erdig-nussiger Note", betonte diese am Montagabend bei einer Veranstaltung in Wien.
Unter dem Motto "Hat die Schnecke ein Chance?" präsentierte der Verband der Köche Österreichs (VKO) dabei 16 klassische und kreative Kreationen mit den Kriechtieren als Hauptbestandteil. Parat hatten die Gourmets neben ausgefallenen Rezepten auch einige schlagkräftige Argumente: "Schnecken haben sehr viel Omega-3 Fettsäuren, viel mehr als Fisch", betonte Gugmuck. "Theoretisch reichen drei Schnecken, um den Tagesbedarf zu decken." Das Fleisch habe außerdem dreimal so viel Protein wie ein Steak und kaum Cholesterin.
Kenner schätzen allerdings nicht die gesundheitlichen, sondern vor allem die kulinarischen Eigenschaften der "vielseitig kombinierbaren" Schnecke, wie bei der Veranstaltung in Wien betont wurde. Unter Beweis gestellt wurde dies mit außergewöhnlichen Gerichten, die Spitzenköche wie Bernie Rieder, Walter Eselböck oder Hans Staud präsentierten. Darunter unter anderem Weinbergschnecken-Salat mit Minze, eine moderne Curry-Kombination oder gefüllte Schaumrollen. Schweizerhaus-Koch Roman Keller verpackte die Kriechtiere in eine wohlschmeckende Schaumsuppe.
Historisch gesehen habe die Schnecke vom Arme-Leute-Essen, einer Fastenspeise für Nonnen und Mönche, einem Allerweltsessen bis hin zur Haute Cuisine eine lange Tradition, erklärte VKO-Obmann Walter Dörre. Bis in die 70er Jahre sei sie auch in Österreich als klassisches Gericht, gratiniert mit Knoblauchbutter, gerne gegessen worden. Danach geriet sie in Vergessenheit. "Jetzt schön langsam kommt wieder der Trend", so Dörre. Auch Koch Franz Zodl glaubt an eine "hoffnungsvolle" Zukunft der Schnecke in der Gastronomie. "Aber wir werden noch eine Zeit der Gewöhnung brauchen", meinte er. "Dann werden die Gerichte aber auch in gewöhnlichen Restaurants einen Niederschlag finden."
Davon überzeugt ist auch Züchter Gugmuck, der seit knapp zwei Jahren am Rande Wiens Weinbergschnecken züchtet. 50.000 Stück werden derzeit auf einem 1.200 Quadratmeter großen Gemüseacker mit Suppengemüse, Mangold, Raps, Thymian und Karotten durchgefüttert. "Sonnenblumen lieben sie ganz heiß. Da bleibt nichts übrig", erklärte Gugmuck.
Nach zwei Jahren sind die Schnecken groß genug für den Verzehr und werden in einem aufwendigen Prozedere küchenfertig gemacht: Eine Woche müssen die Tiere ohne Nahrung in einer Kiste entlüften, danach werden sie mit kochendem Wasser abgetötet. Die Eingeweide werden entfernt, mit Wasser und Salz wird das übrige Fleisch entschleimt und danach drei Stunden in einer Wurzel-Weißwein-Suppe gekocht.