72 Prozent recherchieren ihre Gesundheitsfragen im Internet.
Die Diagnose per Mausklick wird auch in Österreich immer beliebter: 72 Prozent gaben bei einer Online-Studie im Auftrag des Janssen Forums an, das Internet zur Recherche von Gesundheitsthemen zu nutzen. Dennoch bleibt Platz Eins in professioneller Hand: 89 Prozent der online Befragten setzen auf den Arzt als wichtigste Informationsquelle. "Das Internet ist zu einem pragmatischen Begleitmedium in Gesundheitsfragen geworden, hat aber wenig subjektiven Einfluss auf die Entscheidungsfindung", erklärte Erich Eibensteiner, Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Janssen Österreich, bei der Präsentation der Studie.
Symptome googeln
Am häufigsten wird das Internet aufgrund auftretender Symptome befragt (58 Prozent), an zweiter Stelle steht mit 46 Prozent die Suche nach weiterführenden Informationen nach einer Diagnose. Dabei suchen die Befragten am häufigsten nach konkreten Informationen zu Medikamenten, leichten Erkrankungen und chronischen Krankheiten. Suchanfragen nach schweren Erkrankungen, wie etwa Krebs, sind dagegen seltener: Nur 22 Prozent der Befragten holten sich hier Rat aus dem Netz.
Gesundheitsmuffel
Insgesamt befragte Integral Markt- und Meinungsforschung 911 Menschen sowohl online als auch telefonisch. Dabei zeigte sich bei der Online-Befragung eine Tendenz zu internetaffinerem Verhalten in allen Fragen. Patientenanwalt Gerald Bachinger verglich das Internet mit einem "Misthaufen, in dem immer wieder Perlen zu finden sind". Er betonte das Bedürfnis der Patienten nach verständlicher und guter Information auf Augenhöhe. Problematisch sei jedoch die geringe Gesundheitskompetenz der Österreicher. "Da sind wir richtige Gesundheitsmuffel", so Bachinger.
Arzt als Ansprechpartner
Zwar nimmt die Informationsbeschaffung im Internet zu, bei der konkreten Entscheidungsfindung ist das Netz aber weit abgeschlagen auf Platz sechs hinter Ärzten, Krankenhauspersonal, Apothekern, Freunden oder Familie und Büchern. "Das ist auch gut so, der Entscheidungsprozess muss immer ein persönlicher sein", erklärte Georg Psota, designierter Präsident der Fachgesellschaft für Psychiatrie. "Je komplexer die Erkrankung, desto individueller und persönlicher muss die Beratung sein." Gegen optische Aufbereitung und rasch zugängliche Information "mit Gütesiegel" im Internet, sei aber gerade bei leichten Erkrankungen nichts einzuwenden.
"Ein Ergebnis, das mich ein wenig verwundert hat: die geringe Verunsicherung", erklärte Psota. Ein Drittel der Befragten meinte, durch Infos aus dem Netz sehr oder ein wenig verunsichert zu sein. "Das ist immer noch ein Drittel zu viel", so Bachinger.
Social Media
In Sachen Social Media und Apps hat Österreich im Vergleich zu anderen Ländern dagegen Nachholbedarf: Nur jeder Zehnte tauscht sich in sozialen Netzwerken über Gesundheitsfragen aus. 84 Prozent der Befragten glaubt, dass auch in den nächsten zwei Jahren Apps nur wenig Einfluss auf ihr Gesundheitsmanagement haben werden. Dabei seien gerade solche für eine niederschwellige Erstinformation besonders gut geeignet, zeigte sich Bachinger überzeugt.
Medical Call Centers oder geprüfte, strukturierte Online-Plattformen, wie etwa in Großbritannien, könnten als erste Anlaufstellen sinnvoll sein. "Wir müssen unsere begrenzten Ressourcen wirkungsorientiert verwenden", erklärte Bachinger. Apps - etwa im Krankenhaus - könnten Gespräch für Patienten und Ärzte erleichtern und auch Sprachbarrieren überwinden.
Zwar reagieren Ärzte generell verständnisvoll, wenn Patienten mit Wissen aus dem Internet in der Ordination auftauchen, selbst nutzen aber nur sechs Prozent das Internet im Patientengespräch. "Hier zeigt sich die unterschiedliche Erwartungshaltung von Ärzten und Patienten", so Bachinger. Während Ärzte die Internetnutzung bei der Behandlung als Kompetenzverlust werten, sehen viele Patienten darin einen klaren Kompetenzgewinn.