Wir verraten, wie lange und wie hoch Sie Ihr Fieber gefahrlos steigen lassen dürfen – alle Vorteile und was der Experte sagt.
Husten, Schnupfen, Halsweh und ach je, schon satte 39 Grad Fieber! Zeigt das Thermometer 38 Grad oder gar mehr an, überlegen viele bereits, die Notbremse zu ziehen und das Fieber mittels Pille zu senken. Doch ist das der richtige Weg, oder sollte man die Körpertemperatur doch noch ansteigen lassen? Viele Eltern und Erwachsene sind unsicher – diesen Anlass haben wir genutzt und beim Experten Prim. Priv.-Doz. Dr. Peter Peichl, MSc. nachgefragt. „Fieber ist nicht mehr als die Erhöhung der Betriebstemperatur. Wenn wir bedenken, ein jeder Brutkasten arbeitet mit Temperaturen zwischen 38 und 40 Grad Celsius. Und das natürlich alles andere als unbegründet, denn bei diesen Temperaturen laufen zelluläre Vorgänge ideal – heißt, das Immunsystem erzielt sein Optimum“, ist sich der Experte der Heilkraft des Fiebers bewusst. „Erreger sind nämlich an die ‚normale‘ Körpertemperatur gewöhnt und haben so schweres Spiel.“ Fieber – im richtigen Ausmaß wohlgemerkt – hat also eine heilende Wirkung. Wie hoch Sie das Thermometer klettern lassen dürfen, wie Sie richtig messen, Fieber senken und wann in jedem Fall die Notbremse zu ziehen ist, lesen Sie hier!
Was ist Fieber? Die Fakten:
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Was genau ist Fieber?
Als Fieber versteht man eine Erhöhung der Körpertemperatur auf über 38 Grad Celsius. Dieser Temperaturanstig entsteht durch ein Ungleichgewicht von Wärmeproduktion und -abgabe und kann bei einer Reihe unterschiedlicher Krankheitsbilder auftreten. Oft wird Fieber viel zu schnell – bei den ersten Anzeichen – und fälschlicherweise gesenkt. Denn fest steht: Fieber hat eine heilsame Wirkung.
Warum fiebern wir?
Meist tritt Fieber als Begleiterscheinung von Erkältungen, Lungenentzündungen, Virusinfektionen, Harnwegs- oder Hautinfekten sowie Durchfall auf. Als Ursache kommen allerdings auch nicht-infektiöse Erkrankungen wie Rheuma oder einige Krebserkrankungen infrage. Auch infolge von Drogenmissbrauch, einer Operation, eines Sonnenstichs und Knochenbrüchen kann es zu Fieber kommen. Einerseits ist Fieber ein wichtiger Teil der Infektions- und Entzündungsabwehr, andererseits ein Warnhinweis auf eine ernst zu nehmende Erkrankung.
Was passiert im Körper?
Das Temperaturzentrum liegt im Zwischenhirn, dem Hypothalamus. Durch Einhaltung des Temperatur-Sollwerts wird sichergestellt, dass die inneren Organe konstant dieselbe Temperatur haben. Fieber auslösende Stoffe, sogenannte Pyrogene, erhöhen den Temperatur-Sollwert. Die Folge: Der Körper reagiert mit vermehrter Muskelarbeit (Zittern bis hin zu Schüttelfrost) – die Körpertemperatur steigt. Gleichzeitig vermindert eine Verengung der Blutgefäße den Wärmeverlust über die Haut. Bei erhöhter Körpertemperatur funktioniert das Immunsystem effizienter – der Körper versucht zudem die Krankheitserreger zu schwächen, da diese an die individuelle Körpertemperatur zwischen 36 und 37 Grad Celsuis angepasst sind.
Was ist Fieber eigentlich genau?
„Grundsätzlich ist Fieber ein positiver Akt der Verbesserung unserer Leistungsfähigkeit im Körper“, betont der Immunologe Dr. Peichl. Gelangen Erreger in den Körper und werden Teile von ihnen über das Blut ins Temperaturzentrum im Gehirn befördert, stellt dieses – ähnlich einem Thermostat – den Sollwert höher ein. Um diesen erreichen zu können, produziert zunächst die Leber Wärme. Reicht diese nicht aus, wird Kältezittern (bis hin zu Schüttelfrost) ausgelöst und die Schweißbildung gesenkt. Zudem verengen sich die Blutgefäße, wodurch weniger Wärme über die Haut abgegeben wird – es kommt zu einem Ungleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und -abgabe. Die Temperatur steigt. Ist der im Hypothalamus neu festgelegte Temperatur-Sollwert erreicht, stoppt die zusätzliche Wärmeproduktion und das Kältegefühl, das zum Zittern führt, lässt nach.
Prim. Dr. Peter Peichl im Talk
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Warum fiebern wir eigentlich und welchen Nutzen hat es für unseren Organismus?
Dr. Peter Peichl: Wir erhöhen unsere Betriebstemperatur auf die optimale Arbeitstemperatur. Jeder Brutkasten beispielsweise arbeitet mit 38 bis 40 Grad Celsius – in diesem Temperaturbereich sind die zellulären Vorgäng am idealsten. Das Immunsystem arbeitet optimal. Fieber wirkt nicht nur positiv – wir fühlen uns krank und beginnen zu zittern. Grundsätzlich ist es aber ein positiver Akt der Verbesserung unserer Leistungsfähigkeit im Körper.
Warum aber fiebern Kinder leichter als Erwachsene?
Dr. Peichl: Grund ist, das kindliche Immunsystem reagiert schneller auf Erreger, da sich die Grundabwehr erst im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Umwelt entwickeln muss.
Inwiefern kann Fieber für Kinder, Senioren und chronisch Kranke zur Gefahr werden?
Dr. Peichl: Das Problem ist gerade bei Kindern, dass natürlich auch Fieberkrämpfe entstehen können – vor allem dann, wenn die Temperaturen viel zu hoch sind. Temperaturen jenseits der 39 Grad Celsius haben negative Auswirkungen auf die Gehirnfunktion, und dann sollte man das Fieber sehr wohl senken. Zudem benötigt der Körper beim Fiebern viel mehr Energie. Bin ich also von vornherein eher geschwächt – älter oder chronisch krank – und verfüge nicht über ausreichend Energie, wirkt sich das Fieber auf den Krankheitsverlauf negativ aus und die Temperatur sollte gesenkt werden, um eine zusätzliche Stoffwechselbelastung im Körper zu vermeiden.
Welche Werte gelten generell als normal und wann sollte die Temperatur gesenkt werden?
Dr. Peichl: Ab 38 Grad Celsius wird von Fieber gesprochen, darunter liegende Temperaturen gelten individuell als normal. Steigt das Thermometer für längere Zeit auf über
39 Grad, sollte das Fieber gesenkt werden.
Ab wann ist es ein Fall für den Arzt?
Dr. Peichl: Wenn sehr hohes Fieber von einer Sekunde auf die andere auftritt, es zu Bewusstseinseintrübungen kommt und sich die Temperatur nicht senken lässt.
Doch warum ist Fieber „gesund“?
Mit jedem Grad Temperaturerhöhung nehmen Stoffwechsel und Aktivität des Abwehrsystems zu. So erhöht sich etwa die Zahl der weißen Blutkörperchen – jener Fresszellen, die die Eindringlinge ausschalten. Parallel dazu wird deren Vermehrung gehemmt. Gute Gründe also, Fieber nicht sofort zu senken. Um den Erfolg des gesteigerten Abwehrkampfes zu gewährleisten, fällt die Temperatur erst nach Tagen wieder ab. Der Sollwert wird auf den Ausgangswert zurückgeschraubt, die Temperatur sinkt – was sich durch vermehrtes Schwitzen bemerkbar macht.
Alles über Temperaturwerte, Fiebermessen und -senken
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Einteilung des Fiebers
Die durchschnittliche Körpertemperatur des Menschen liegt bei rund 36,6 °C.
➠ Erhöhte Temperatur: 37,5–38 °C
➠ leichtes Fieber: 38,1–38,5 °C
➠ mäßiges Fieber: 38,6–39 °C
➠ hohes Fieber: 39,1–39,9 °C
➠ sehr hohes Fieber: 40–42,5 °C
Ab 42,6°C tritt der Tod ein, da das Eiweiß in den Zellen gerinnt.
Schwankungen der Temperatur
Die Kömpertemperatur ist von vielen Faktoren abhängig und ist im Laufe des Tages vielen Schwankungen unterworfen – der Wert ist am frühen Morgen am niedrigsten und am späten Nachmittag am höchsten.
Wie wird Fieber gemessen?
Die Körpertemperatur wird mithilfe eines Fieberthermometers ermittelt. Vorbei sind die Zeiten, in denen man minutenlang den Anstieg der Quecksilbersäule beobachtet hat – diese Art des Thermometers darf übrigens, ob der gesundheitlichen Gefahren, die wegen des Schwermetals bestehen, EU-weit seit 2009 nicht mehr verkauft werden. Heute misst man mit herkömmlichen Glasthermometern, digitalen Kontaktthermometern oder Ohrthermometern – für Säuglinge gibt es spezielle Schnullerthermometer.Je nach Ort der Temperaturmessung sind Abweichungen von bis zu 0,5 °C möglich. Die genauesten Werte erzielt die rektale Messung. Als ungenau bzw. störanfällig gelten die Messungen in Mund und Achselhöhle.
Wie senke ich das Fieber effektiv?
Steigt das Thermometer auf über 39,5 °C an oder sollten Sie sich allzu abgeschlagen fühlen, helfen diese Maßnahmen:
Wadenwickel helfen das Fieber um 1 bis 2 °C zu senken, ohne dabei die Heilreaktion des Fiebers zu stören. Ein Leinentuch in einer Mischung aus lauwarmem Wasser und Essig tränken und um die Wadeln wickeln. Nach fünf bis 15 Minuten sollte die Temperatur dank Verdunstungskälte gesunken sein. Achtung: Nicht bei kalten Beinen und Schüttelfrost anwenden!
Aus der homöopathischen Apotheke wirken Aconitum D4, Belladonna D4 sowie ferrum phosphoricum D6 fiebersenkend.
Helfen die sanften Mittel nicht, sind als klassische Fiebersenker Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalycilsäure (nicht bei Kindern und Jugendlichen!) zu empfehlen. Tritt nach spätestens drei Tagen keine Besserung ein: Ab zum Arzt!
Dennoch ist Vorsicht geboten
„Natürlich ist Fieber nur bedingt gut – wir fühlen uns matt und krank“, weiß der Experte. „Gerade bei Kindern besteht das Problem, dass durch zu hohes Fieber Fieberkrämpfe entstehen können. Denn Temperaturen von über 39 Grad wirken negativ auf die Gehirnfunktion. Zudem benötigt der Körper beim Fiebern viel mehr Energie. Bin ich also von vornherein eher geschwächt – älter oder chronisch krank – und verfüge nicht über ausreichend Energie, wirkt sich das Fieber auf den Krankheitsverlauf negativ aus und die Temperatur sollte gesenkt werden, um eine zusätzliche Stoffwechselbelastung im Körper zu vermeiden.“ Erreicht das Fieber über 39,5 Grad, sollte die Temperatur gesenkt werden (Kasten Seite 22). „Steigen die Temperaturen von einer Sekunde auf die nächste stark an, kommt es zu Bewusstseinseintrübungen, oder lässt sich die Temperatur nicht senken, sollte unbedingt ein Arzt konsultiert werden“, so Dr. Peichl. Denn zu hohes Fieber ist schlecht und kann bei Temperaturen ab 42,6 Grad sogar tödlich enden.