Giftige Stoffe in Flugzeugen greifen Nerven und Herz-Kreislauf-System an
Heikle Landungen, kranke Stewardessen, unabsehbare Folgen für Passagiere: Seit Jahren häufen sich im Luftverkehr Berichte über Zwischenfälle, die möglicherweise auf giftige Dämpfe in Flugzeugkabinen zurückgehen. Doch die medizinischen Zusammenhänge waren bisher wenig erforscht. Forscher der Universität Göttingen haben nun untersucht, welche Stoffe welche Krankheitssymptome hervorrufen können.
3-jährige Studie über 140 Patienten zeigt:
Neben den bereits bekannten Organophosphaten, die negativ auf Enzyme im Körper wirken, fanden sie regelmäßig sogenannte flüchtige organische Verbindungen (VOC) oder deren Abbauprodukte. Diese Stoffe greifen Nerven und Herz-Kreislauf-System an und reizen zudem die Atemwege. Sie könnten in den Turbinen bei starker Hitze aus Kerosin, Ölen oder Enteisungsmitteln freigesetzt werden und über undichte Stellen im Triebwerk in die Zapfluft gelangen, vermuten die Mediziner. In fast allen Passagierflugzeugen wird die Kabinenluft aus den Triebwerken abgezapft. Dort finden Techniker immer wieder Lacken von Öl oder Enteisungsmitteln.
Immer wieder gab es Vermutungen über die Dämpfe
Sogenannte "Fume Events" (Dunst-Ereignisse) sind bereits seit den 1950er-Jahren beschrieben. Für Aufsehen sorgte etwa Ende 2010 ein Zwischenfall in einem Germanwings-Airbus beim Landeanflug auf Köln. Pilot und Copilot setzten während der Landung Sauerstoffmasken auf, nachdem sie einen scharfen Brandgeruch wahrgenommen hatten und ihnen übel geworden war. Die Maschine landete damals sicher.
Hauptsächlich das Personal ist betroffen
Trotz der vielen Vorfälle fehlt bisher der wissenschaftliche Nachweis, dass Kabinenluft Krankheiten verursachen kann. Davon ist vermutlich am ehesten das Personal betroffen, das Risiko für Passagiere scheint deutlich geringer.
Hersteller und EASA müssten die Gesundheitsrisiken für Passagiere und Besatzungen endlich abstellen, fordern Cockpit und auch die Flugbegleitergewerkschaft Ufo. Die BFU verlangt einheitliche Standards für die Qualität der Kabinenluft. Und die Göttinger Medizinerin Heutelbeck klagt, für viele der nun erstmals im Labor gefundenen Substanzen gebe es bisher keine Richtwerte für die Atemluft. "Das sind alles Stoffe, die in Verbraucherprodukten verboten sind. Es gibt nur Werte für Gefahrstoff-Arbeitsplätze, aber darum handelt es sich ja hier nicht."