Wer die hohen Temperaturen auf die leichte Schulter nimmt, begibt sich – werden Symptome ignoriert – in Lebensgefahr.
Auf geht’s Richtung Süden! Wer jetzt der Sonne entgegen reist, muss innerhalb weniger Stunden einen relativ starken Temperaturanstieg verkraften, wenn man bedenkt, dass unser Organismus bereits auf die kleinsten Veränderungen reagiert. Und dennoch schafft es der Körper, auch bei großen Schwankungen seine „Betriebstemperatur“ konstant zu halten – eine wahre Höchstleistung, die nicht immer gelingt. Das zeigen die zusätzlichen Todesfälle, die Hitzewellen jeden Sommer aufs Neue fordern. „Bei den erforderlichen 37 Grad funktionieren die Stoffwechselvorgänge optimal“, weiß Allgemeinmedizinerin Dr. Doris Gapp. „Fällt die Temperatur deutlich darunter, kommen diese Abläufe zum Erliegen bzw. sie werden langsamer. Liegt Sie darüber, führt das zu Schäden an den Nervenzellen und Proteine stellen ihre Funktion ein, was im Extremfall, bei rund 42,6 Grad Körpertemperatur, tödlich enden kann – die körpereigenen Eiweiße gerinnen.“ Damit es nicht so weit kommt, verfügt der Körper über eine eigene „Klimaanlage“.
Klimaanlage Körper:
1/5
Ob Sommer oder Winter:
die Kerntemperatur des Körpers ist konstant, auch wenn sich die Temperatur der Umgebung verändert. Der Grund dafür sind biochemische Prozesse, die bei 37° C am besten ablaufen. Um diese Prozesse am Laufen zu halten, bedarf es einer Temperaturregelung, die im Organismus über verschiedene Systeme gewährleistet wird:
Zentrale im Gehirn
Der „Temperaturregler“ – Hypothalamus – der Klimaanlage Körper befindet sich im Gehirn. In der Wirbelsäule und im Gehirn sitzen wärmeempfindliche Nervenzellen – ähnlich einem Thermostat einer Heizung –, die uns helfen, Temperatur wahrzunehmen. Unterschreitet die Körpertemperatur ein Minimum oder überschreitet ein Maximum, wird ausgehend vom Hypothalamus ein kompliziertes Regelsystem in Gang gesetzt.
„Temperaturhormone“
Die Hirnanhangdrüse – Hypophyse – schüttet bestimmte Hormone aus, die für die Regulation im Körper verantwortlich sind.
Gefäße stellen sich weit
So sorgt unter anderem das Hormon Prostaglandin E2 für eine Weitstellung der Gefäße – zudem wird das Blut aus der Körpermitte abgezogen und zirkuliert nun an der Oberfläche. Das Blut hat so die Möglichkeit, abzukühlen.
Schweiß gegen heiß
Hinzu kommt der wohl wichtigste Teil der Klimaanlage Körper. Die Schweißdrüsen in der Haut beginnen, sobald ein Temperaturanstieg verzeichnet wird, Schweiß zu produzieren. Für dessen Verdunstung wird Energie, die Verdunstungswärme, benötigt. Diese wird von der Haut aufgebracht und somit dem Körper entzogen. In weiterer Folge entsteht Verdunstungskälte – der Körper kühlt ab.
Ausgeklügeltes Kühlsystem
Bedenkt man, dass alleine durch Stoffwechselvorgänge die Körpertemperatur pro Stunde durchschnittlich um einen Grad steigen würde, wäre schon bald Schluss. Gebe es da nicht rund 30.000 Temperaturfühler in der Lederhaut, die rund um die Uhr ihre Messergebnisse an die wärmeempfindlichen Nervenzellen im Gehirn und in der Wirbelsäule weiterleiten würden. Schon bei geringen Abweichungen der Solltemperatur schlägt der Temperaturregler im Gehirn, der Hypothalamus, Alarm. Bei Kälte befiehlt er der Muskulatur zu zittern, und so Wärme zu erzeugen. Wird es im Körper zu heiß, fördert er die Ausschüttung gefäßerweiternder Hormone – die Blutgefäße der Haut weiten sich, so dass hier mehr Blut zirkuliert. So wird die überflüssige Hitze über das Blut in die Außenhaut transportiert und abgestrahlt. Führt das zu keiner ausreichenden Kühlung, geht ein Befehl an die zwei bis drei Millionen Schweißdrüsen, Schweiß zu produzieren.
„Das Schwitzen ist die wichtigste Kühlfunktion – das alleine kühlt den Körper aber noch nicht. Erst wenn der Schweiß auf der erwärmten Haut verdunstet, entsteht Verdunstungskälte und dem Körper wird Wärme entzogen“, erklärt die Expertin.
Die 10 besten Tipps zum Abkühlen
1/10
Ab in den Schatten!
Bei den vorherrschenden Temperaturen legen sich ohnehin nur die Wenigsten freiwillig in die pralle Sonne. Suchen Sie sich – vor allem während der gleißenden Mittagshitze – ein geeignetes Schattenplätzchen oder setzen Sie sich in (nicht zu stark!) gekühlte Räume. Am kühlsten ist übrigens Baumschatten. Wichtig: Wer glaubt, im Schatten auf Sonnencreme verzichten zu können, der irrt! Also unbedingt eincremen und Kopfbedeckung nicht vergessen.
Leichte Kleidung
Wer im Sommer enge Kleidung trägt, wird schnell ins Schwitzen kommen. Setzen Sie daher auf leichte, helle, locker sitzende Kleidung, wie beispielsweise Sommerkleider. So bleibt zwischen Körper und Gewand genug Luft, die zirkulieren kann, um den Körper abzukühlen. Wichtig: Vermeiden Sie synthetische Textilien – diese stauen die Hitze und lassen uns noch schneller schwitzen. Ideal sind natürliche Stoffe wie Leinen und/oder Seide.
Wechselduschen
Eine kalte Dusche erfrischt – zumindest kurzfristig. Denn durch die Kälte verengen sich die Poren, die Hitze staut sich im Körper und wir kommen noch mehr ins Schwitzen. Deshalb sind lauwarme Duschen ratsam. Auch gut sind Wechselduschen – dabei sollte aber unbedingt lauwarm beendet werden.
Alkohol meiden
Ja, ein Sommer ohne Cocktail ist nur schwer vorstellbar. Verlangen Sie beim Bestellen aber besser nach der Virgin-Variante – ohne Alkohol. Denn Alkohol hat eine gefäßverengende Wirkung und lässt schnell Schweiß fließen. Ähnlich verhält es sich mit koffeinhaltigen Getränken.
Viel trinken!
Die Faustregel schreibt 35 Milliliter Flüssigkeit pro Kilo Körpergewicht täglich vor. Vor allem im Sommer sollte dieser Wert, ob des erhöhten Flüssigkeitsbedarfs, nicht unterschritten werden. Eine 60 Kilo schwere Frau sollte demnach mindestens 2,1 Liter trinken – ideal sind Wasser und ungesüßte, lauwarme Tees. Vermeiden Sie gekühlte Getränke – diese verlangen dem Körper Energie ab, die uns vermehrt schwitzen lässt.
Sprung ins kühle Nass
Die ultimative Erfrischung bietet unbestritten der Sprung ins kühle Nass. Doch Vorsicht: Gewöhnen Sie Ihren Körper langsam an die Temperatur des Wassers, um Kreislauf-Probleme – einen Schock – zu umgehen.
Leichte Speisen
Starten Sie am besten leicht in den Tag – gemeint ist das Frühstück. Ideal ist Müsli mit Joghurt und Früchten oder Porridge. Beides hält lange satt und versorgt den Tag über mit Energie. Denn auch in der Mittagshitze, wird essenstechnisch nicht viel los sein – vielen fehlt es bei den hohen Temperaturen schlicht an Appetit. Packt Sie doch der Hunger, greifen Sie zu einem leichten Sommersalat – der schmeckt und ist leicht verdaulich. Schwerverdauliches verlangt dem Körper zusätzlich Energie ab – kurz gesagt, wir schwitzen verstärkt.
Vorsicht bei Medikamenten!
Informieren Sie sich bei Arzt oder Apotheker, ob verordnete Medikamente Auswirkungen auf die Temperaturregulation im Körper haben. Gegebenenfalls müssen Alternativen gesucht werden. Wichtig: Medikamente in jedem Fall vor Hitze schützen – die kann nämlich die Wirksamkeit beeinträchtigen.
Kühle Wohnung
Für viele wird die Wohnung in diesen Tagen zum Rückzugsort. Schlimm nur, wenn es drinnen so heiß ist wie draußen. Da nicht jeder Besitzer einer Klimaanlage ist, hier ein paar Tipps. Morgens und abends, wenn es kühler ist, lüften. Tagsüber Fenster sowie Vorhänge zu und Jalousien runter. Feuchte Kleidung oder Tücher in der Wohnung kühlen zusätzlich – Verdunstungskälte!
Kühlung bei Überhitzung
Bemerken Sie, dass die Hitze Ihren Kreislauf beeinträchtigt – wird Ihnen schwindelig oder gar übel – können elektrolytische Getränke und Kühlung helfen. Hierzu empfehlen sich kalte, feuchte Wickel oder Lappen, mit denen Sie die Pulsstellen an Handgelenk, Hals und in den Leisten kühlen können. Tritt keine Besserung ein, sollte ein Arzt konsultiert werden.
Hitze: Die große Gefahr des Sommers
Besonders wichtig ist es, die „Klimaanlage“ mit ausreichend „Kühlflüssigkeit“, in unserem Fall Wasser, zu befüllen. Wer nicht genug trinkt, riskiert in Kombination mit der verstärkten Durchblutung Kreislaufprobleme. Denn durch die verstärkte Durchblutung der Haut sinkt der Blutdruck – das Gehirn wird nicht mehr ausreichend versorgt. Die Folgen: Kopfschmerzen, Schwindel, Abgeschlagenheit bis hin zu Fieber, Verwirrtheit oder Ohnmacht. „Treten erste Anzeichen auf, ist die Sonne sofort zu vermeiden, die Flüssigkeitszufuhr – im Idealfall durch elektrolytreiche Getränke – zu erhöhen und die Körpertemperatur gegebenenfalls durch feuchte, kühle Tücher zu reduzieren“, gibt Dr. Gapp Erste-Hilfe-Tipps. „Werden die Symptome stärker oder verliert der Betroffene gar sein Bewusstsein, ist umgehend ein Notarzt zu verständigen – werden nicht schnell die richtigen Maßnahmen gesetzt, droht akute Lebensgefahr.“ Damit es aber gar nicht erst so weit kommt, verraten wir Ihnen die 10 besten Tipps, damit Sie trotz gleißender Hitze cool bleiben. Genießen Sie den Sommer!
Dr. Doris Gapp im Talk
1/5
Was passiert in unserem Körper, wenn die Außentemperaturen steigen?
Dr. Doris Gapp: Unser Körper versucht, die Körpertemperatur konstant zu halten, da nur bei einer Temperatur von maximal 37° alle Stoffwechselfunktionen optimal funktionieren.
Über welche körpereigenen Kühlfunktionen/-systemen verfügt der Mensch?
Dr. Gapp: Die wichtigste Kühlfunktion ist das Schwitzen, das alleine kühlt den Körper aber noch nicht. Erst wenn der Schweiß auf der erwärmten Haut verdunstet, entsteht Verdunstungskälte und dem Körper wird Wärme entzogen. Eine weitere wichtige Funktion ist die Weiterstellung der Gefäße in den äußeren Hautschichten.
Was sind erste Anzeichen dafür, dass unser Körper zu überhitzen droht?
Dr. Gapp: Erste Anzeichen können Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Schwindel sein. Durch die Weitstellung der Gefäße kann es zu einem extremen Blutdruckabfall bis hin zu einem Hitzekollaps kommen!
Welche Gefahren drohen bei Überhitzung?
Dr. Gapp: Wenn der Körper nicht mehr in der Lage ist, die Körpertemperatur durch Schwitzen und Gefäßweitstellung zu regulieren, kommt es zu einem Anstieg der Körpertemperatur. Der kritische Wert liegt bei 39 °/40 °C – dies kann zu Bewusstlosigkeit und sogar bis hin zum Tod führen!
Ab wann droht Lebensgefahr? Wann sollte ein Arzt hinzugezogen werden?
Dr. Gapp: Spätestens wenn der Patient über Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und extreme Kopfschmerzen berichtet, sollte ein Arzt konsultiert werden, um den Kreislauf zu stabilisieren. Lebensgefahr besteht, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar ist und Maßnahmen wie kühle Tücher, Schatten und Flüssigkeitszufuhr zu keiner Senkung der Körpertemperatur führen!